In Lettland angekommen

Um von Polen nach Litauen zu kommen muss die russische Enklave um Kaliningrad im Mindestabstand von 12sm umrundet werden. Es sei denn man hat ein russisches Visum. Das hatten wir nicht. Also ging es in einer Nachtfahrt von Danzig nach Klaipeda. Eine Nachtfahrt deshalb, weil die Strecke für eine Tagesetappe mit unserem Boot zu weit ist. Von Klaipeda aus sind wir dann weiter nach Lettland. In 3 Tagen haben wir in 3 Ländern angelegt.

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Danzig: Zwei Dreimaster passieren uns beim Auslaufen

Die Nachtfahrt von Danzig nach Klaipeda war spannend. Immerhin konnten wir die komplette Strecke unter Autopilot laufen. Und das Wetter, der Wind und der Seegang waren einigermaßen ruhig. Nur zu Beginn hatten wir deutlich Krängung. Gegen Mittag liefen wir aus dem Danziger Hafen aus. In der Danziger Bucht kam der Wind statt aus angesagten Südwest aus Nordost, also genau gegenan. Außerhalb der Danziger Bucht drehte er dann aber langsam in die richtige Richtung. Wir haben zum ersten Mal auf See gekocht. Bei ordentlich Schräglage wurde Salat geschnippelt und Würstchen in der Pfanne gebraten.

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Schiffsverkehr bei Sonnenuntergang

Henning übernahm um 19 Uhr die erste Wache. Ziemlich zu Beginn wurde er von einem Fischer angefunkt – AIS sei Dank auch direkt mit Schiffsnamen – und zur deutlichen Kursänderung aufgefordert um mit den ausgelegtem Fischernetzen nicht ins Gehege zu kommen. Etwas schwierig gestaltete sich die Kommunikation, weil Henning mit der Bezeichnung „Reitbort“ nichts anfangen konnte. Nach mehrmaligen Hin- und Herfunken schaltete sich ein anderer Fischer dazu und übersetze „Reitbort“ mit „starboard site“ (=Steuerbord). Es war in der Zeit noch viel Berufsschiffahrt unterwegs, die gefühlt völlig willkürliche Kursänderungen vornahmen. Gerade im Dunkeln sind die Fahnen von ausgelegten Fischernetzen und -reusen schwer auszumachen. Somit hatte Henning eine sehr spannende erste Wache. Bis 1 Uhr nachts hat er Janne schlafen lassen. Dann war kurz vor der polnisch-russischen Grenze der erste Wachwechsel angesagt.

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Segeln in den Sonnenaufgang

Jannes Wache war im Vergleich komplett unspektakulär. Keine einzige Fischernetzfahne mehr und bis auf einen Kreuzfahrer keine anderen Schiffe in Sicht. Die AIDA ist mit Tannenbaumbeleuchtung vorbeigefahren, der Mond unter- und die Sonne aufgegangen. Der Autopilot hat gesteuert. Zwischenzeitlich wurde der vorletzte Wegpunkt erreicht und sie konnte den Kurs um 10° ändern und den finalen Wegpunkt vor Klaipeda anlegen. Dazu hatten wir die 800ste sm auf unserem Törn erreicht. Um 7 Uhr war dann Wachübergabe an Henning.

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Spiegelglatte Ostsee vor uns…

Der Wind war inzwischen fast komplett eingeschlafen, die Ostsee nahezu spiegelglatt. Die voraussichtliche Ankunftszeit für Klaipeda war unter Segeln auf 22 Uhr gestiegen. Henning warf nach kurzer Zeit den Motor an. Unter Motor ging es dann bis Klaipeda, dort kamen wir gegen halb 6 am Abend an. Eine Brücke mit stündlichen Öffnungen verwehrte uns die Einfahrt in den Yachthafen. Somit hieß es erst kurz nach 18 Uhr final anlegen, Grillen, mit den Nachbarliegern von der Dar Melica ein Bier im Cockpit trinken und in die Koje fallen.

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…spiegelglatte Ostsee hinter uns

Die Stadt Klaipeda haben wir uns am nächsten Tag nur ganz kurz angeschaut. Pünktlich zur stündlichen Brückenöffnung um 9 ging es aus dem Yachthafen hinaus und Richtung Liepaja. Kurz nach Verlassen der Hafenanlagen von Klaipeda wurde auf Kanal 16 im Funk immer wieder vor Unterwasserexplosionen gewarnt. Die Position der Sprengung verlas der Sprecher immer so schnell und nuschelig, dass Janne mit dem Schreiben kaum hinterherkam. Immerhin hatten nicht nur wir Probleme, die Position zu verstehen. Auch ein anderes Militärschiff fragte mehrmals nach, sodass sich recht lustige Funkkonversationen ergaben. Weniger witzig war dann die eine Detonation, die anscheinend nah genug war, dass wir sie bei uns auf dem Schiff sogar hören konnten. Danach war dann aber auch erstmal gut mit Explosionen und nicht verständlichen Positionen. Militärübung vorerst pausiert. Viel Segeln war an diesem Tag nicht. Aufgrund wenig Wind und fehlenden Ausweichhäfen, hatten wir auch bei gesetzten Segeln den Motor zur Unterstützung bis abends in Liepaja mitlaufen um die ca 60sm am Tag zu schaffen.