Leichtwindtage

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Seit ein paar Tagen haben wir überwiegend Leichtwind. Meistens kommt er auch noch aus der falschen Richtung. Kreuzen gegen viel Wind ist anstrengend und teilweise etwas einschüchternd – das haben wir auf unserem Schlag nach Kolberg gelernt. Kreuzen gegen Leichtwind ist hingegen zermürbend und ein ziemliches Geduldspiel. Verlieren wir die Nerven, wird der Motor angeworfen. Am Wind Kurse bei Leichtwind haben zudem den Nachteil, dass wir unser Leichtwindsegel, den Gennaker, nicht setzen können. Der ist nur für Raumschotskurse geeignet.

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Ab Liepaja ist die Hafendichte wieder etwas gestiegen. Jetzt sind auch wieder kleinere Etappen möglich. Somit konnten wir die 30 sm nach Pavilosta trotz wenig Wind komplett segeln. Nach den ganzen größeren Industriehäfen im Baltikum und Polen war Pavilosta seit Usedom wieder der erste kleinere Hafen, der aufgrund seiner Größe einen gewissen Charme versprüht. Dazu gab es wie in vielen polnischen und baltischen Häfen einen sehr schönen Strand. Leider haben wir den Hafenmeister, der auf der Ostseeumsegelung von Frederike und Hinnerk letztes Jahr so nett vorgestellt wurde, nicht persönlich angetroffen.

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Am nächsten Tag war wenig Wind und auch noch aus der falschen Richtung. Da die Aussichten auch in den folgenden Tagen wenig Wind versprachen, haben wir unser Vorsegel wieder auf die Genua gewechselt. Eine gute Entscheidung. Die Etappe nach Ventspils ist ebenfalls ca. 30 sm lang. So konnten wir die Strecke komplett segeln und sind sogar recht gut voran gekommen. Kurz nachdem wir aus dem Hafen Richtung Ventspils ausgelaufen sind, zog Nebel auf und wir waren froh AIS zu haben. Glücklicherweise waren wir nicht auf einer der Hauptschifffahrtsrouten.

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Ventspils war auch der erste Hafen seit Barhöft, wo wir mit einer Heckboje festmachen mussten. Allerdings scheinen die Bojen eher für größere Schiffe ausgelegt zu sein. Wir mussten unsere 30m, auf Slip gelegte Leine deutlich verlängern. Zudem gibt es für kleinere Schiffe auch keinen geringeren Preis, wie es sonst üblich ist. Der Hafen von Ventspils zeigt (langsam verfallenden) Ostblockcharme. Auf seine eigene Art ist aber auch das wieder sehr interessant. Wir hätten nicht gedacht, dass Beton so sehr zer-, bzw. verfallen kann.

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Von Ventspils aus stand eine mit 80sm relativ lange Passage an, da wir nach Estland auf die Insel Saaremaa in den Ort Kuressaare übersetzen wollten. Zu Beginn herrschte mal wieder Leichtwind. Nach einer Flautenpause am Mittag zog aber nach Tagen endlich mal wieder richtig Wind auf und wir konnten in Rauschefahrt unserem Ziel entgegensegeln.

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Trotz ungünstiger Windrichtung konnten wir bis auf die kurze Flautenphase über Mittag die komplette Strecke unter Segeln zurücklegen. Wir haben allerdings auch bereits vor 7 Uhr morgens abgelegt und sind erst um kurz nach 21 Uhr am Ziel angekommen. Kuressaare ist eine nette Kleinstadt mit einem großen Yachthafen. Zu dieser Jahreszeit liegen dort allerdings erst wenige Boote.

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Nach einer kurzen Stadtbesichtigung von Kuressare und Verproviantierung ging es gegen Mittag weiter Richtung Koiguste. 30 Minuten nach dem Ablegen ist der zunächst gute Wind leider komplett eingeschlafen. Die restliche Strecke sind wir dann komplett motort. Unklar war, ob der „Hafen“ (bzw. Steg) überhaupt noch existiert und wir mit unserem Tiefgang einlaufen können. Unsere unterschiedlich alten Quellen haben diesbezüglich widersprüchliche Angaben gemacht. Von top ausgerüsteter Schwimmsteg mit Heckbojen, halb versenkter Schwimmsteg unter Wasser bis Wassertiefe in der Einfahrt von 40cm war alles dabei.

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Am Ende gab es den Hafen wirklich, auch wenn er einen zum Teil recht verlassenen Eindruck machte. Es ist tatsächlich nur ein kleiner, etwas abenteuerlicher Schwimmsteg ohne Heckbojen.

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Dafür gibt es sanitäre Anlagen und sogar eine Sauna, aber das angekündigte WLan haben wir nicht gefunden. Kurz nach dem Anlegen war plötzlich der Wind wieder da. Wir waren das einzige Boot in der Bucht, so dass es fast schon wie ankern ist.

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Der erste Vorgeschmack auf Skandinavien – inklusive erster Mücken! Bei sommerlichen Temperaturen haben wir Burger im Heckkorbgrill gegrillt und den Sonnenuntergang vom Cockpit aus beobachtet, während wir diese Zeilen schreiben.