Scheidungsgraben…

… wird der Göta Kanal von den Schweden genannt. Divorce Ditch. Wir sind mittendrin. Zusammen sind wir in den Kanal hereingefahren. Ob wir ihn auch gemeinsam an Bord unserer Asgard wieder verlassen werden?

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Sommerliche Stimmung auf dem Göta-Kanal

Bisher klappt es jedoch ganz gut. Wir fahren während der Bestellungssaison und somit im Konvoi mit festen morgendlichen Start- und abendlichen Zielhäfen. Das heißt wir müssen jeden Tag die festgelegte Strecke schaffen. Dafür haben wir aber auch kaum Wartezeiten an den Schleusen und Brücken.

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Mem: Warten auf die Schleusenöffnung

In Mem, am Eingang vom Götakanal, werden wir in unsere Gruppe eingeteilt. Immer vier Boote passen in eine Schleuse. Neun Boote warten vor dem ersten Schleusentor. Wären wir in Nord- oder Westdeutschland, könnte man eventuell traditionelle kulturelle Abneigungen geltend machen, denn der Holländer bleibt in Mem. Die Schweden führen als Grund die zu späte Anmeldung an. Also fahren wir ohne Holland in den Kanal.

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Passt gerade so

Erstmal warten wir aber 1 Stunde auf ein Passagierschiff aus der Gegenrichtung. In den engen Bereichen im Kanal gibt es keine Möglichkeit sich zu passieren und Berufsschifffahrt hat Vorfahrt. Erst als es endlich in Mem angekommen ist, können wir mit dem Schleusen beginnen.

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Unruhige Boote in der Schleusenkammer

Schon nach wenigen Schleusen beneiden uns die großen Motorboote um unsere Winschen. Die Motorboote fahren die Vorleine aus der Hand, wir Segelboote über die Winsch. Einen dicken Stahlkoloss mit der Hand festzuhalten ist anstrengend und schwierig. Wir liegen in den Schleusen neben Stahlkoloss Victoria auf den vorderen, deutlich unruhigeren Plätzen. Trotz vollem Körpereinsatz, lässt sich das Boot kaum bändigen, während Henning unsere Asgard mit der Winschkurbel lässig am Platz hält. Beim abendlichen Cockpitschnack fragt die Crew uns dann nach der genauen Funktionsweise unserer Winschen aus und schmiedet Pläne, wie sie diese in einer Nachtaktion unauffällig bei uns ab- und bei sich anbauen können.

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Das Wasser sprudelt in die Schleusenkammer

Mit jeder Schleuse werden wir ruhiger und die Aufregung weniger. Die Strecken reiner Kanalfahrt können wir dann schon fast entspannt genießen. Trotzdem ist das Schleusen in der Bestellungssaison anstrengend. Mal eben rechts ran fahren und Pause machen ist nicht möglich.

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Kolonne auf dem Göta-Kanal

Zu unserem Pech gehört in unsere Gruppe ein Segelboot, das bereits kurz nach dem Start Probleme mit dem Propeller bekommt und plötzlich statt 5 Knoten nur noch mit 3kn motoren kann. Zusammen mit der Verzögerung in Mem kommen wir mit fast 2 Stunden Verspätung gegenüber dem offiziellem Fahrplan an der letzten Brücke an und haben noch die Überquerung des Roxensees vor uns.

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Sonnenuntergang auf dem Roxen-See

Auf dem Roxensee weht es mit 18kn Wind von vorne und es gibt Böen bis zu 26kn mit entsprechender Welle. Die Sonne ist bereits untergegangen, als wir um halb neun den Zielhafen erreichen. Wir waren morgens um halb sieben aufgestanden um alles vorzubereiten und hatten unterwegs keine Mittagspause gehabt. Dazu kommt das anstrengende Schleusen und die Aufregung vom ersten Tag. Müde, kaputt und erschöpft fallen wir nach dem Abendessen ins Bett.

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Schleusentreppe von Berg: Blick zurück

Am nächsten Tag bekommen wir außerplanmäßig unsere Mittagspause. Der Stahlkoloss hat Probleme mit dem Laden der Batterie und benötigt eine halbe Stunde extra um die Ladungselektronik zu überbrücken. Wir sind froh über die Pause. Den Vormittag haben wir für die Schleusentreppe von Berg gebraucht. Eine Schleuse nach der anderen, das war anstrengend, erforderte eine hohe Konzentration und dazu fühlte sich besonders Henning wie im Zoo. Die Schleusentreppe ist eine sehr bekannte Touristenattraktion. Um die Schleusen stehen zahlreiche Menschen herum, filmen und fotografieren den Schleusenvorgang. Die deutschen Touristen sprechen uns wegen unserer Flagge an, es ergeben sich nette kurze Gespräche und Janne mutiert fast zur Touristenführerin.

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Berg: Touristenattraktion

Der Tag hat es generell in sich. Nachdem der erste Tag irre heiß war, haben wir am zweiten irre viel Wind. Das Manövrieren in den Schleusen wird dadurch sehr schwierig. Da wir die einzigen ohne Bugstrahlruder sind, dürfen wir jeweils als erstes in die Schleuse hinein und wieder rausfahren. Am dritten Tag weht es weiterhin ordentlich, immerhin kommt der Wind aus Osten. Nachdem wir die touristisch unbekannte, aber kaum kleinere Schleusentreppe von Borenshult passiert haben, surfen wir mit achterlichem Wind über den Vätternsee. Leider verschwindet die Sonne und es beginnt zu regnen.

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Durch eine alte enge Stelle

Bisher wurden wir jeden Morgen von täglich wechselnden Schleusenwärtern begrüßt, bevor es in die erste Schleuse des Tages ging. In Forsvik werden wir dagegen durch ein Ampelsignal zur Schleuseneinfahrt gerufen. In der Schleuse treffen wir unseren Schleusenwärter, der uns auf den höchsten Punkt der Kanalfahrt hochschleust. 91,8m über dem Meeresspiegel befinden wir uns. Ab jetzt geht es wieder runter. Inzwischen ist aus unserer ursprünglichen Gruppe aus Mem keiner mehr dabei und das Wetter ist in einen grauen Dauernieselregen umgeschlagen.

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Janne wartet auf der Schleusenmauer

Der Götakanal macht uns Spaß. Nur zu zweit ist es sehr anstrengend und teilweise stressig, aber immer noch machbar. Dazu haben wir kein Fenderbrett, das macht es nochmal schwieriger. Wir sind über jeden unserer 7 Fender froh, insbesondere über den dicken Kugelfender. Ein achter Fender wäre auch nicht verkehrt gewesen. Durch den vielen Wind am zweiten und dritten Tag hat Henning die Schleusen komplett an Bord gefahren und eigentlich nur matschige, dunkle, muffige Schleusenwände gesehen. Janne durfte den Weitblick genießen und hat dafür einige Laufwege neben und zwischen den Schleusen abgespult.