Die schwedischen Westschären sind unser letztes großes Ziel bevor die Rückreise beginnt. Mit langen Schlägen kann man sie auch von Deutschland aus in einem mehrwöchigen Sommerurlaub erreichen. Trotzdem wollten wir sie unbedingt noch auf dieser Tour erleben. Als krönenden Abschluss, als Highlight zum Schluss quasi. Denn unser Abschied von Schweden ist auch gleichzeitig bereits der Abschied von unserer Tour wie sie bisher war. Nach Schweden geht es zurück. Ab Dänemark bestimmt unser Rückweg die Reiseplanung, weniger die reizvollsten Ziele.
Die ersten Tage in den Schären haben wir zusammen mit Fredi und Hinnerk verbracht, in Stenungsund war dann Crewwechsel und Jan ist zugestiegen. Wir haben keine fixen Ziele, wollen nur am Montagnachmittag rechtzeitig in Långedrag sein, damit Jan seinen Rückflug bekommt. Also fast 3 Tage Segeln.
Gleich der erste Tag mit Jan macht richtig Laune. Wir segeln von Stenungsund wieder raus und finden unsere Schäre für die Nacht unweit von der Schäre, an der wir wenige Tage zuvor schon lagen. Auch diesmal vertäuen wir uns mit Heckleinen. Erklimmen die Insel, grillen an einem geschützten Platz und beobachten den Sternenhimmel und das Meeresleuchten. Selbst die Feuerquallen bringen durch ihre Bewegungen das Meerwasser zum Leuchten.
Am nächsten Morgen erleben wir die Überraschung. Das Wasser ist über Nacht ordentlich angestiegen und wir können nicht mehr trockenen Fußes unsere Lee-Heckleine einholen. Die Luv-Leine liegt auf Slip, bei der Lee-Leine hat die Länge nicht gereicht und wir haben sie nicht verlängert, weil wir nicht mit dem Wasseranstieg gerechnet haben. Jan erbarmt sich schließlich und holt die Leine ein.
Wir wechseln noch das Vorsegel von Genua auf Fock und legen ab. Es pustet bereits mit bis zu 25 kn. Unterwegs haben wir dann sogar Böen über 30kn. Die Welle aus dem Kattegat wird fast überall von den Schären abgehalten. Dort wo sie durchkommt, sind wir immer wieder froh, wenn wir wieder zurück im Schutz der Felsen sind. Es rollen ganz schön große Brecher heran. Keine spaßigen Aussichten für unsere Überfahrt nach Dänemark.
Durch den morgendlichen Regen und den Vorsegeltausch sind wir spät losgekommen. Auf der Suche nach einem geschützten Ort für die Nacht fällt die Wahl auf die einzige geschützte Bucht in der Nähe. Funktioniert sie nicht, müssen wir in einen Hafen. Groß Zeit zum Suchen bleibt uns nicht.
Wir haben Glück. Sie funktioniert. In der Bucht finden wir eine Schäre, die in Windrichtung liegt und genug Schutz vor dem immer noch starken Wind bietet. Diesmal liegen wir von Heckanker, die Bucht ist riesig. Der perfekte Platz für die Nacht und für eine Spezialität, die wir uns seit Norrsundet aufgespart haben: Surströmming. Eine schwedische Besonderheit. Mythos, Legendenumwoben. Jeder Schwede kennt einen Schweden, der von einem Schweden gehört hat, der schonmal Surströmming gegessen hat. So zumindest kommt es uns vor. Und wir wollen Schweden nicht verlassen, ohne nicht zumindest einmal probiert zu haben.
Surströmming ist für Laien einfach nur vergammelter Fisch und für bekennende Liebhaber eine Delikatesse. Für uns wird es zunächst ein Geruchserlebnis der anderen Art. Die Dose stinkt bestialisch. Plötzlich sind wir dankbar für den starken Wind. Im Lee der Dose mag keiner von uns sitzen. Wir haben uns auf Empfehlung eines Surströmming-begeisterten Schwedens Tunnbröd und Zwiebeln besorgt. Jeder von uns isst todesmutig ein Tunnbröd mit Surströmming und Zwiebeln. Es fehlen eigentlich nur die empfohlenen gekochten Kartoffelscheiben. Wir sind uns zu dritt einig, dass die das Erlebnis auch nicht verbessert hätten. Der erste Bissen ist schrecklich und es wird nicht besser. Selbst das empfohlene Abspülen hilft da nicht. Wir werfen lieber den Grill an und essen gewohnte Delikatessen. Bei Wein, einem unglaublichem Sternenhimmel und einigen Sternschnuppen lassen wir den Abend ausklingen.
Wir machen uns auf den Weg nach Långedrag. Entspanntes Segeln bei weniger Wind als am Vortag. Trotzdem kommen wir pünktlich an. Jan verlässt uns, und wir legen direkt wieder ab. Der Wind passt, sowohl von der Stärke als auch der Richtung her. Die alte Welle vom Vortag ist weg. Wir entscheiden kurzerhand weiterzufahren und segeln die Nacht durch.
Wir sehen unterwegs Sternschnuppen, Asgard hat eine breite Spur Meeresleuchten im Kielwasser und wir können Anholt gerade so anlegen. Es geht erst mit 4, dann 5 und schließlich 6 kn dem Ziel entgegen. Gegen morgen binden wir das zweite Reff ins Groß und übernehmen wieder die Steuerung vom Autopiloten. Inzwischen ist doch gut Welle da und damit kommt er nicht zurecht. Am Vormittag laufen wir bei schönstem Wetter auf Anholt ein. Hallo Dänemark, da sind wir. Der letzte Reiseabschnitt – unsere Rückreise – hat begonnen.
Bis ganz nach oben, nach Strömstad, haben wir es nicht mehr geschafft. Wir wollten nichts übers Knie brechen und vermeiden, dass wir es entweder nur unter sehr viel Stress oder gar nicht mehr rechtzeitig nach Hause schaffen. Die letzten Tage waren auch so sehr abwechslungsreich und wir wurden verwöhnt. Feuerwerk, Meeresleuchten, Sternschnuppen, Feuerquallen, Surströmming, Robben, Wind von vorne, von hinten, sonnige und diesige Tage, abwechslungsreiche Landschaft, tolle Schärenplätze – ein vielfältiges Programm hatten die Westschären für uns vorbereitet. So hatten wir zum Abschied von Schweden ein lachendes und ein weinendes Auge. Und nehmen uns ganz fest vor: Wir kommen wieder – nächsten Sommer!