Aktuell unterwegs

Team Asgard versus Team Gegenwind mit steiler Welle

Rückreise. Anders können wir die letzten Etappen nicht betiteln. Wir kämpfen uns Meile für Meile zurück nach Deutschland. Gegen den Wind. Gegen die Welle. Gegen das Wetter. Früh aufstehen. Spät ankommen. Schräglage. Gereffte Segel. Überkommende Wellen. Regen. Sonnenschein. Böen bis 7 Windstärken. Flautenlöcher mit 0 Windstärken. Segeltage. Motorstunden. Wenn wir nicht unbedingt zurück müssten, würden wir im Hafen bleiben. Aber die Termine rufen. Unser Krantermin. Eine Hochzeit in Wien. Die Arbeit.

Dramatischer Sonnenaufgang

Von Simrishamn arbeiten wir uns die Südküste Schwedens entlang. Der Wind ist aus Südwest angesagt. Das ist eine doofe Richtung. Südschweden macht da keinen Spaß. Aber der Wechsel an die deutsche Küste bietet auch keine besseren Aussichten. Also bleiben wir in Schweden. Da gibt es wenigstens alle paar Meilen einen Hafen. Wir motoren bei Flaute morgens los. Sind beeindruckt, wie schnell der Wind einschläft. Vor Simrishamn ist keine Welle mehr. Aber je näher wir dem Kap kommen, desto mehr Schwell ist zu spüren. Dann kommt Wind. Direkt von vorn. Der Däne hinter uns zieht das Groß hoch. Also ziehen wir auch das Groß hoch. Nur um es zwei Minuten später zu bergen. Der Wind ist wieder weg und das Segel schlägt nur.

Wellenlos

Irgendwann ist genug Wind da, dass wir die Segel setzen können. Wir können unseren Wegpunkt sogar fast anlegen. Dann kommt die erste Portion Regenschauer. Die Wolken haben es in sich. Plötzlich brist der Wind massiv auf. Wir reffen das Groß. Rollen das Vorsegel weg. Und gucken staunend auf den Windmesser. Wo gerade noch 16kt standen, stehen plötzlich über 31kt. Dann kommt der Regen. Im Regen sinkt die Sicht rapide. Kombiniert mit starkem Wind ein eher unheimliches Szenario. Die Schauer ziehen über uns weg. Das Wetter klart auf. Der Wind wird immer weniger. Dann ist er alle. Wir starten den Motor. Und verfolgen ab jetzt mit Argusaugen das Regenradar. Als die nächste dunkle Wolkenwand kommt sind wir vorbereitet. Die Reffs sind im Segel. Wir sind im Ölzeug. Und wir können fast schon über das reproduzierbare Verhalten lachen. Jetzt ist es ein ungemütliches Szenario. Es hat seinen Schrecken verloren.

Sonnenschein und Regenwetter

Das ganze wiederholt sich noch ein weiteres Mal. Diesmal haben wir die Segel komplett eingeholt und motoren durch die graue Wand. Zu Schaffen macht uns vor allem der Seegang. Die Wellen sind türmen sich immer mehr auf. Und bremsen uns massiv aus. Wir kommen schlecht voran. Dazu kommen Welle und Wind fast genau daher wo wir hinwollen. Asgard stoppt immer wieder auf und fällt mit einem Bauchklatscher ins nächste Wellental. Am Ende kreuzen wir dänisch. Motor und Vorsegel sind die einfachste Kombination.

Wasserspritzer

Bevor es uns nochmal erwischt, laufen wir den Hafen von Gislövs Läge an. Und schaffen es gerade so vor dem nächsten Schauer in den Hafen. Während der Regen beginnt, stocken wir Proviant auf. Gönnen uns eine große Familienpizza zum mitnehmen. Und sind völlig platt von dem Tag. Diesem Refftag. Irgendwann hören wir auf zu zählen. Reff reinbinden. Reff rausschütteln. Vorsegel reffen. Großsegel reffen. Vorsegel ausreffen. Groß ausreffen. Groß komplett runternehmen. Vorsegel wegrollen. Groß setzen. Vorsegel setzen. Motor aus. Motor an. Dreißig Knoten Wind. Drei Knoten Wind. Für uns definitiv ein Unentschieden in diesem Wettkampf mit Wind und Welle.

Graue Wand

Von Givslövs Läge bieten sich uns drei Optionen. Nach Hiddensee oder Rügen segeln. Uns im Bøgestrøm verkriechen. Nach Klintholm verholen. Wir müssen weiter. Es ist mindestens ein Tag angesagt mit steifem Wind. Mehr Wind als die letzten Tage. Vorher wollen wir noch näher an Fehmarn ran. Mit Rügen und Hiddensee manövrieren wir uns gefühlt auch in eine Sackgasse. Bei Westwind kommt man von da nur bedingt gut weg. Also entscheiden wir uns für Dänemark. In Klintholm werden wir vermutlich einen Tag eingeweht sein. Der Bøgestrøm hingegen wäre so geschützt, dass wir auch bei viel Wind weiterfahren könnten.

Skipper

Wir legen wieder früh ab. Der Wind bietet gute fünf Beaufort. Unseren Favorit den Bøgestrøm können wir überhaupt nicht anlegen. Also verwerfen wir kurz nach dem Auslaufen unseren Plan und schwenken auf Klintholm um. Der Seegang ist immer noch beeindruckend. Janne ist es definitiv zu viel Welle. Zu hoch. Zu steil. Zu kurz. Und fast zu viel Schräglage. Entsprechend geht es mit zweitem Reff im Groß und stark gereffter Genua gen Klintholm. Es ist ein Tag hart am Wind. Wir fahren einige Wenden. Aber der Wind bleibt wenigstens konstant bei fünf Beaufort. Irgendwann wird er etwas schwächer. Wir schütteln erst das Reff aus dem Vorsegel. Dann gehen wir vom zweiten Reff im Groß ins erste. Die Wellen werden irgendwann auch niedriger. Und am Abend laufen wir zufrieden in Klintholm ein. Ein guter Tag. Hoch am Wind. Aber nach den anfänglichen Bedenken hat es Spaß gemacht. Richtig Spaß. Wir werden langsam genügsam. Eins zu Null für Team Asgard.

Parklandschaft

Der Ausgleich erfolgt am nächsten Tag. Es ist viel Wind angesagt. Richtig viel Wind. Wir machen einen Hafentag in Klintholm. Schlafen aus. Frühstücken gemütlich. Sehen die Wellen über die Hafenmole spritzen. Und den Strand im Meer verschwinden. Die Boote an ihren Leinen zerren. Taumeln. Schwanken. Torkeln. Beobachten den Windmesser. Skipperkino. Warten die Regenschauer ab. Gute sieben Beaufort erreihen die Böen. Und leihen uns dann Fahrräder aus. Im Supermarkt. Die Kassiererin zuckt nicht einmal mit der Wimper. Obwohl es bis vor fünf Minuten in Strömen gegossen hat. Es nieselt immer noch leicht. Wir fahren mit Rückenwind los. Wollen zu Liselunds Schloß und dann zu den Klippen von Møn. Møns Klint eben.

Schlösschen

Die Insel Møn ist hügelig. Es geht auf und ab. Das Schloß ist niedlich und der Park ganz nett. Es fehlt der Sonnenschein. Die Klippen sehen in dem grauen Wetter immer noch beeindruckend aus. Uns gefällt die Radtour. Wir haben die Wege für uns. Haben kein schlechtes Gewissen auch mal einen Aussichtspunkt auszulassen. Nach fünf Stunden geben wir die Schlüssel wieder an der Supermarktkasse ab. Kurz vorher machen wir noch einen Schlenker zu der Gårdbutik. Janne erwartet dort Gartenzubehör. Es ist ein Hofladen. Selbstgemachtes. Marmelade. Wurst. Feigenbäume. Handgewebtes Leinen. So kann es gehen mit der Sprachbarriere.

Kreidefelsen

Es steht eins zu eins. Nach dem Hafentag erwartet uns ein Segeltag hoch am Wind. Wir können Gedser immerhin gut anliegen. Und freuen uns schon. Zu früh gefreut. Irgendwann dreht der Wind. Dazu kommt Strom gegenan. Wir sind wieder am Kreuzen. Janne ist genervt. Immer gegen Ende des Segeltages ziehen sich die letzten Meilen zum Ziel unglaublich in die Länge. Die letzten Meilen vermiesen uns den sonst guten Tag schon fast. Wir hatten mit einem zwei zu eins für uns gerechnet. Es bleibt letztendlich ein eins zu eins. Und wir bleiben die Nacht in Gedser.

Gedser

Ein letztes Kräftemessen steht an. Gedser bis Fehmarn heißt die Etappe. Und wir haben Südostwind. Im Hafen ist es fast windstill. Trotzdem fahren wir gewohnt früh los. Draußen ist bereits gut Wind. Es sind zwar keine dreißig Meilen bis Fehmarn. Aber eben auch nur knapp drunter. Und nach den letzten Tagen sind wir misstrauisch. Wir kommen gut voran. Irgendwann baumen wir sogar das Vorsegel aus. Damit kommen wir fast einem Franzosen ins Gehege. Der ist trotz seiner größeren Yacht langsamer als wir und manövriert immer wieder unangenehm dicht an uns heran. Wir versuchen seine Manöver nachzuvollziehen. Aber dafür ist wohl unser Französisch zu schlecht. Wir verstehen sie einfach nicht. Wir diskutieren diverse Hafenkombinationen durch. Unser Auto steht in Großenbrode. Diesel bunkern geht in Burgtiefe, Burgstaaken und Heiligenhafen. Kranen werden wir in Lemkenhafen. Am Ende entscheiden wir uns für Burgtiefe. Bunkern Diesel. Sitzen im Cockpit und genießen den strahlenden Sonnenschein. Nur um keine fünf Minuten später aufzuspringen, die Leinen loszuwerfen und abzulegen. Wir haben eine gute Busverbindung zwischen Heiligenhafen und Großenbrode gefunden. Also nutzen wir den genialen Ostwind um uns bis Heiligenhafen schieben zu lassen, statt morgen gegenan zu motoren. Die zu viel bezahlte Hafengebühr ist uns das Segeln wert. Und es ist ein traumhaftes Segeln vor dem Wind. Der Strom schiebt mit. Das GPS zeigt Geschwindigkeiten von über acht Knoten über Grund an. Und wir müssen die Segel erst vor der Hafeneinfahrt von Heiligenhafen bergen. Selbst durch das Fahrwasser schiebt uns der Wind ohne mit der Wimper zu zucken. Zwei zu eins für uns.

Wolkenschauspiel

Was für ein Abschluss. Kaum haben wir angelegt, schlagen wir die Segel ab. Morgen ist Motortag. Den traumhaften Saisonabschluss hatten wir heute.

In Hanö auf Hanö in der Hanöbucht

Bockö: Steinformationen
Bockö: Asgard am Stein

Eine letzte Schäre laufen wir im Schärengarten noch an. In den Schärengewässern sehen wir Schafe auf einer einsamen, unbewohnten Insel. Oder vielmehr Henning sieht Schafe. Janne hört sie nur mähen. Henning gibt einen dezenten Hinweis. Das sind die sich bewegenden Steine da vorne. Bewegende Steine. Ah ja.

Bockö: Kletterkünstler
Bockö: Sundowner an Land

Wir gehen diesmal wieder an den Stein. Einen unbeweglichen. Beim Anker fallen lassen macht es Klonk. Der Grund scheint sehr steinig. Wir brauchen drei Anläufe bis der Anker hält. Dann hält er gut. Abtauchen ist wieder keine Option. Wir sind von einer einzigen Quallenarmada umzingelt. Die Insel ist unbewohnt. Auch auf dieser Insel wohnen Schafe. Sie halten aber vorsichtig Abstand von uns.

Bockö: warmes Abendlicht
Bockö: Auf der Lichtung

Diese letzte Schäre vor Hanö bleibt uns als Birneninsel in Erinnerung. Beim Erkunden der Insel sehen wir viele Birnenbäume mit winzig kleinen Birnen. Und irgendwann finden wir auch einen Baum mit reifem Obst. Lecker. Dazu liegen wir mit Abendsonne im Cockpit. Traumhaft. Ein schöner Abschied aus dieser tollen Gegend.

Bockö: Baum am Grasstrand
Bockö: Einsamer Baum

Allerdings ist die Stelle auch sehr exponiert. Somit nur eine Möglichkeit für ruhiges Wetter. Abends spüren wir die lange Dünung aus der Hanöbucht im Boot. Deutlich abgeschwächt. Aber spürbar. Die Ostsee scheint zu atmen. In ruhigen langen Atemzügen. Der Gedanke gefällt uns. Asgard liegt sicher am Stein. Fest vertäut an Öglor. Der Anker hält. Wir werden sanft in den Schlaf geschaukelt.

Bockö: Hallo Asgard
Bockö: Auf Augenhöhe

So richtig ganz verabschieden wollen wir uns noch nicht. Ein Highlight aus dieser Region nehmen wir noch mit. Die Insel Hanö. Henning parkt Asgard längsseits in die kleinstmögliche Parklücke ein. Wir haben nach vorne und nach hinten nur gut einen Meter Platz. Ohne Flaggenstock. Es wären noch größere Anlegemöglichkeiten zur Auswahl gewesen. Der Hafen ist noch recht leer und wir sind früh am Tag dran. Viele Deutsche liegen hier. Von Urlaub, mehrmonatigen Törns bis zur Rückreise von einer kleinen Ostseeumsegelung ist hier alles vertreten. Die Boote haben so klingende Namen wir „Auszeit“ oder „Glückwärts“. Selbst ein Brite läuft kurz vor uns ein.

Holzboot an der Boje
Sommerhäuschen wie aus dem Bilderbuch

Wir erkunden die Insel. Und sind hin und weg. Klein. Fein. Hübsch. Skandinavisch. Und nicht überlaufen. Das soll in der Hochsaison anders sein. Da bekommt man im Hafen wohl nur schwer einen Platz. Uns gefällt die Nebensaison. Auch wenn das bedeutet, dass wir beim Kaufmann nur zwischen Himbeersorbet und Vanilleeis für unsere drei Kugeln Eis wählen können. Immerhin zwischen laktosefreiem Vanilleeis und „normalem“ Vanilleeis.

Hanö: windige Leuchturmfotos
Hanö: Leuchtturmlady

Wir wandern zum Leuchtturm hoch. Laut Informationstafel der lichtstärkste Leuchtturm der Ostsee. Auf jedenfall einer von den hübschen Leuchttürmen der Ostsee. Auf dem Rückweg kommen wir am englischen Friedhof vorbei. Namenslose Gräber für englische Soldaten. Außerdem gibt es zahllose Brombeersträucher. Wir kehren mit roten Fingern zum Boot zurück. Wir müssen dringend Wasser bunkern. Der hintere Tank ist leer und der vordere enthält nur noch eine Reserve. Der Schlauch reicht gerade so bis zum Tankeinfüllstutzen. Wie für uns gemacht. Abends im Hafen sehen wir dem Leuchtturmfeuer vom Boot aus zu. Plötzlich ist ein lauter Turbo zu hören. Zwei Schwäne entern mit Höchstgeschwindigkeit das Hafenbecken. Die sind ganz schön schnell. Und ganz schön laut.

Hanö: rote und weiße Boote, rotweiße Häuser, rote und weiße Häuser
Hanö: blaue Stunde

Von Hanö aus machen wir uns auf die Rückreise. Es geht über die Hanöbucht. Und die hat ganz schön Haare auf den Zähnen. Oder sagt man Seegras auf den Wellen? Wir haben beständig unbeständigen Wind. Erst drei bis fünf Windstärken, später vier bis sechs. Die Böen kratzen an der Grenze zur sieben. Durch den ständigen Wechsel der Windstärke, haben wir entweder zuviel Segelfläche oben oder zu wenig. Bei zu viel Segelfläche lässt sich Asgard schlecht steuern. Zu wenig Segelfläche ist deshalb unangenehm, weil zu dem zickigen Wind noch eine fiese Welle dazu kommt. Kurz. Steil. Überlagernd sowohl aus Süd als auch aus West. Egal auf welchem Bug wir kreuzen, wir haben immer eine Welle gegenan. Das macht uns verrückt. Die Wellen bremsen uns gehörig aus. Und je langsamer wir sind, desto schlimmer ist es. Asgards Bug knallt immer wieder in die Wellen. Aber kaum reffen wir aus, dreht der Wind von drei Windstärken wieder auf fünf. Es ist zum Mäuse melken.

Hanö: Hafenstimmung
Hanö: Abendlicht

Vor Simrishamn entsteht dann die totale Kabbelsee. Selbst kurz vorm Hafen steht beruhigt sich die Welle kaum. Und das bei Westwind. Simrishamn ist nach Osten offen und nach Westen völlig geschützt. Dazu kommen noch mehrere Schießgebiete in der Hanöbucht. Eins davon ist sogar aktiv. Das erklärt auch die seltsamen dumpfen Geräusche unterwegs. Wir hatten zunächst auf Gewittergrummeln getippt. Eigentlich wollen wir Kåseberga anlaufen. Vielleicht sogar bis nach Rønne auf Bornholm segeln. Am Ende laufen wir in Simrishamn ein. Die letzten fünf Seemeilen dauern gefühlt genauso lange wie die ersten 25 Seemeilen davor. Wir haben keine Lust mehr und sind froh nach neun Stunden auf See einen Hafen anlaufen zu können.

Simrishamn: Versammlung der deutschen Boote
Simrishamn: Hafen

Es wird nach Sonnenuntergang inzwischen empfindlich kalt. Teilweise sogar schon vor Sonnenuntergang. Insbesondere im Schatten. Wir sitzen fast immer mit Wolldecken im Cockpit. Dazu sehen wir Zugvögelschwärme. Massen an Vögeln. Schwarze Wolken am Himmel. Die Vögel sammeln sich für die Rückreise. Aber nicht nur die Vögel. In den Häfen sammeln sich Boote unter deutscher Flagge. Es werden immer mehr. Und sie alle kennen nur eine Richtung. Zurück nach Deutschland. Der Segelsommer neigt sich dem Ende zu.

Simrishamn: bunte Steinmauern
Simrishamn: Stadtzentrum

Zwei süße Inselhäfen, zweimal Schärenankern, zweimal freies Ankern. Das ist unsere Bilanz für die nördliche Hanöbucht. Jetzt sind wir auf der Rückreise. Bis jetzt sieht es machbar vom Wind her aus. Auch wenn uns der erste Tag bereits einen gehörigen Dämpfer verpasst hat.

Schärenwelten

Utklippan: Wellenbrecher an der Hafeneinfahrt
Utklippan: Westliche Hafeneinfahrt

Utklippan wurde uns von verschiedenen Seiten empfohlen. Das Bild im Hafenführer überzeugt ebenfalls. Damit steht das Tagesziel fest. Es liegen gut 40 Meilen vor uns. Erst haben wir Halbwind, bevor der Dreher auf Süd kommt. Die Wellen werden höher und Asgard macht im Surf bis über 9kn Fahrt.

Utklippan: Asgard und das Folkeboot
Utklippan: Asgard zwischen zwei Holzbooten

Zwar ist in Schweden schon Saisonende und die Häfen werden leerer, aber wir erwischen natürlich genau das Wochenende. Ins Päckchen müssen wir noch nicht gehen, aber die Plätze auf der bevorzugten Hafenseite sind schon alle belegt. Kaum sind wir fest und gerade beim Leinen aufklaren, kommt ein Folkeboot eingelaufen, dass den Platz vor uns an der Kaimauer haben will. Wir nehmen die Leinen an, bzw. mit einem Blick auf das Anlegemanöver bei Starkwind hüpft Janne an Bord und schnappt sich die Vorleine. Der Einhandsegler ist froh über die Initiative. Er kommt aus Norden und ist bei der Überfahrt gut geduscht worden. Mal sehen was uns in ein paar Tagen bevorsteht.

Utklippan: Ruderboot zum Übersetzen zum Jugenherberge
Utklippan: Pendelruderboot

Asgard tanzt in ihren Leinen. Gegen die Spundwand ist sie gut abgefendert. Wir ducken uns hinter der Sprayhood vor dem Wind. Es pfeift mit sechs Beaufort durch den Hafen. Ganz schön frisch der Abend. Und ganz schön viel Wind. Es wird eine unruhige Nacht, Leinen knarzen, Fender quietschen und Asgard schaukelt.

Utklippan: Felseninsel im Meer
Utklippan: Der Mann und das Meer

Morgens frühstücken wir zur Abwechslung im Cockpit. Draußen sind uns die Wellen zu hoch. Dazu planen wir die nächsten Tage und die Rückfahrt. Ziel ist Hafenvermeidung und Ankern gehen. Vorzugsweise Schärenankern. Trotz viel Wind. Da hat die Gegend um Karlskrona einiges zu bieten.

Urlaubsidylle: Insel, Meer, Segelboot
Die Palme fehlt

Von Utklippan ist es nur ein kleiner Sprung bis zu unserer ersten Option. Ytterön. In der ersten Bucht liegt bereits ein Segler am Stein, aber die zweite ist noch frei. Beim dritten Anlauf finden wir eine Stelle, bei der wir festmachen können. Der Anker hält. Wir setzen unsere Schärennägel. Klaren das Schiff auf. Und gehen auf Inselerkundung. Für eine vollständige Erkundung ist die Insel viel zu groß. Und so bleibt es beim Herumstromern in der näheren Umgebung.

Ytterön: Asgard in der geschützten Bucht
Ytterön: Schärenankern

Asgard möchte auch etwas Zuwendung. Beim Nachziehen der Schrauben fällt Henning der Schraubenschlüssel ins Wasser. Immerhin hat das Wasser fast 23 Grad. Und ist nur knapp zwei Meter tief. Wir gehen also eine Runde schwimmen und Henning entpockt Asgard in dem Zuge gleich mit. Ansonsten ist dösen, lesen, grillen und Blog schreiben angesagt.

Dragsö: Morgenstille
Dragsö: grüne Ufer

Der Platz ist herrlich. Es ist ruhig. Ab und an fährt ein Boot vorbei. Wir liegen gut geschützt vor Wind und Schwell. Von den zwei Meter hohen Wellen draußen in der Hanöbucht bekommen wir nichts mit. Der Anker liegt auf zwei Meter Tiefe an gut dreißig Meter Leine. Und hat sich vollständig eingegraben.

Schwimmen unerwünscht
Quallenarmada

So gut eingegraben, dass Henning am nächsten Morgen Schwierigkeiten hat ihn zu heben. Wir verholen uns ein paar Seemeilen. Die erste Bucht ist uns zu ungeschützt. Die zweite Bucht ebenfalls. Mit der dritten Bucht haben wir Glück. Der Anker fällt erneut auf knapp zwei Meter Wassertiefe. Diesmal gehen wir nicht an den Felsen sondern schwojen frei. Wir lesen, sortieren Bilder, angeln und entspannen. Die Bucht ist traumhaft. Es sind nur zu viele Quallen im Wasser um schwimmen zu gehen. Macht nix, die Wassertemperatur ist eh seit gestern gefallen.

Dragsö: Schwedische Schäre mit Fischkutter
Dragsö: Schwedische Idylle

Weiter gehts. Immer Richtung Westen. An Steinen, Schären und Inseln vorbei. Die größeren Steine und steileren Inseln erinnern uns an Elefantenrücken. Grau. Buckelig. Etwas faltig. Rund. Mächtig. Beeindruckend. In der ersten Bucht ist uns zu viel Trubel. Die zweite ist uns zu ungeschützt. Die dritte ist traumhaft. Der Anker fällt. Janne näht weiter Verschlüsse an die Baumpersenning. Henning kümmert sich um das Anlegerbier und die Gin Tonics. Die Sonne scheint. Uns geht es gut.

Dragsö: Ankeralarm dank GPS
Dragsö: Der Schwoikreis ist perfekt

Sleep. Eat. Repeat. So ähnlich verläuft aktuell unser Tagesablauf. Anker auf. Ein paar Meilen verholen. Einen geschützten Platz suchen. Anker fallen lassen. Lesen. Natur genießen. Ein Nickerchen in der Sonne. Grillen. Sterne gucken. Ins Bett gehen. Dazu heißen viele Inseln und Schären zum Verwechseln ähnlich. Arpö und Aspö. Bockö und Bokö. Tjärö und Tärnö. Vagnö und Vågnsö. Eneskär gibt es dazu gleich mehrfach. Namentlich lassen sie sich kaum unterscheiden. Wir erhalten viel Tipps. Und hoffen darauf, dass die Autokorrektur nicht dazwischen funkt. Und sich unsere Segelfreunde bei ihren Empfehlungen nicht vertippen. Zum Schmunzeln bringen uns die Inselnnamen Hallö und Senoren.

Dragsö: Papa Ente und die Entenkinder
Dragsö: Der Fischkutter und die Enten

Wir zuckeln langsam Richtung Westen. Entdecken die Schärenwelt der nördlichen Hanöbucht. Den Blekinge Skärgård. Ein Auge immer auf die Windvorhersage. Schließlich müssen wir wieder zurück kommen. Noch sieht es gut aus. Sogar sehr gut. Wir müssten mindestens einen, eher zwei Tage haben, an denen der Wind nicht direkt aus Westen kommt. Also bleiben wir noch ein bisschen. Tingeln noch etwas weiter. Eine Ankerbucht geht noch.

Dänische Inseln vor Schwedens Küste

Bornholm: Fernweh
Bornholm: Am Horizont ein Segelboot

Kurz vor Hammer Havn schallt Musik über das Wasser. Auf Bornholm ist das „Wonderfestiwall“ in Gange. Direkt vor der beeindruckenden Kulisse des Hammerhus. Der Hafen ist entsprechend voll. Wir genießen die Trubelstimmung. Und wir genießen es einfach mal im Cockpit zu sitzen. Die letzten Tage auf See waren immer recht lang. Wir sind jeweils früh gestartet und spät angekommen. Heute sind wir spät gestartet und haben trotzdem zu einer normalen Uhrzeit im Hafen fest gemacht. Wir sind im Urlaub angekommen.

Hammer Havn - der Hafen
Hammer Havn

Wir sitzen gerade beim gemütlichen Anlegerbier im Cockpit, als der Zoll auftaucht. Inklusive Spürhund. Zielstrebig nehmen sie ein Motorboot ins Visier. Personalien werden überprüft. Dann tauchen noch zwei Polizeiwagen auf. Wir wollen eigentlich im Cockpit grillen, aber nachdem uns unser dänisches Nachbarboot dezent darauf hingewiesen hat, dass das gerade jetzt direkt unter den Augen der örtlichen Aufsichtsbehörde vielleicht keine so gute Idee ist, verlegen wir das Grillen auf die Hafenmole.

Wonderfestiwall Parklplatz
Bornholm: Wonderfestiwall vor der Kulisse des Hammerhus

Zum Sonnenuntergang laufen wir zum Hammershus hoch. Die Ruine ist beeindruckend. Der Blick auf die Ostsee ebenfalls. Das Panorama wird dazu musikalisch vom Wonderfestiwall untermalt. Eine ganz besondere Stimmung entsteht. Völlig verzaubert lassen wir den restlichen Abend im Cockpit ausklingen. Unzählige Sterne sind zu sehen. Sogar die Milchstraße ist klar zu erkennen.

Hammer Havn: Hammerhuss
Hammer Havn: Hammerhus Ruinen

Ursprünglich wollten wir zwei Tagen in Hammer Havn bleiben. Fahrräder leihen und die Insel erkunden. Beim Frühstück entscheiden wir uns weiterzusegeln. Wir wollen nach Christiansø. Und dann in die nördliche Hanöbucht. Lieber jetzt weitersegeln und uns auf dem Rückweg nochmal einen Tag Zeit nehmen, als im Nachhinein zu bereuen, zu lange verweilt zu haben.

Christiansø: Blick Richtung Süden
Christiansø: Nord- und Südhafen

Christiansø gefällt uns. Eine sehr idyllische Insel. Niedlich. Janne würde am liebsten gleich mehrere Tage bleiben. Und jetzt können wir auch nachvollziehen, warum nach einem Besuch von Hammer Havn und Christiansø die polnischen Yachthäfen eher trist und trübe wirken. Mit der dänischen Gemütlichkeit können die Häfen einfach nicht mithalten.

Frederiksø
Christiansø: Blick auf Frederiksø

Wir planen gerade gemütlich den weiteren Törnverlauf im Cockpit im Hafen von Christiansø. Da fragt ein Segelboot, ob es längsseits gehen kann. Wir gucken es völlig entgeistert an. Völlig verrückte Vögel. Die wollen ihre 46ft Yacht an unserer 30ft Bavaria festmachen. Egal, wir nehmen die Leinen an und kurz darauf liegt die 46ft Contest bei uns längsseits. Ein beeindruckendes Bild. Asgard wirkt plötzlich sehr klein und etwas eingequetscht.

Christiansø: Inselrundgang
Christiansø: Spaziergang entlang der Verteidigungsmauern

Der Hafenmeister beäugt das Ganze misstrauisch. Er checkt kurz, dass die Aktion für uns ok ist, zuckt mit den Achseln und geht. So richtig glücklich sind wir mit der Situation nicht. Die Contest passt aber auch nicht auf unseren Platz am Kai. Erst als das Boot hinter uns ablegt, reicht der Platz zum Plätze tauschen und wir gehen bei der Contest ins Päckchen. Sieht gleich viel gesünder aus. Gerade noch rechtzeitig. Der Wind brist immer mehr auf. Plötzlich sind es fast dreißig Knoten. Seit unserem Anleger hat der Wind um 180 Grad gedreht und kommt aus der entgegengesetzten Richtung. An unserem Heck platschen die Wellen, Asgard tanzt und zerrt an ihren Leinen. Kurzerhand drehen wir sie um.

Christiansø: sonnengelbe Fassade
Christiansø: Schubkarren sind das Transportmittel der Wahl

Abends zieht ein kräftiges Gewitter auf. Wir sitzen da schon längst im Trockenen bei unseren Nachbarn an Bord und tauchen Erlebnisse auf der Ostsee aus. Tallin, die militärische Sperrgebiete in Polen, die Schönheit der Ålandinseln, Bootstechnik sowie Tipps zum Fisch kaufen und für schöne Ankerplätze sind nur einige der Themen. Der Abend vergeht wie im Flug.

Frederiksø im Morgenlicht
Frederiksø: Morgenstimmung

Mit Christiansø haben wir unser Wunschziel für den Urlaub erreicht. Noch haben wir genügend Zeit. Wir entscheiden uns für eine Weiterfahrt in die nördliche Hanöbucht und gegen Hafentage auf Bornholm und Christiansø.

Der Graf von Eckernförde

Janne hat Geburtstag. Dieses Jahr wacht sie mal nicht in einer Ostsee-Hauptstadt auf. Die beiden letzten Geburtstage hat sie in Stockholm und Kopenhagen verbracht. Dieses Jahr wäre Oslo, Tallinn oder Helsinki angemessen gewesen. Stattdessen ist es Warnemünde geworden. Naja, hilft nichts, immerhin gib es frische Brötchen und Croissants.

Kurs Hiddensee
Flotte Fahrt nach Westen

Wir bunkern noch Diesel bevor es auf den langen Schlag gen Hiddensee geht. Janne hat in einem Anflug von Größenwahn kurzzeitig Ystad angepeilt, aber das ist dann doch zu weit. Der Wind schiebt uns kräftig Richtung Osten. Wir haben teilweise Böen mit über 30kn. Asgard rollt, nickt und giert in den immer größer werdenden Wellen. Wir sind beide sehr seefest, aber längere Navigationsarbeiten unter Deck will gerade keiner von uns machen. Janne hat bei dem Geschaukel nicht einmal Lust ihre Geburtstagsglückwünsche zu lesen.

Stattliche Segelanzahl
Traditionssegler vor Hiddensee

Etwas Abwechslung bieten zwei größere Tradiotionssegler, die vor dem Wind aufkreuzen. Der eine kommt uns sogar ziemlich nah. Henning versucht den Namen zu identifizieren und verkündet stolz: Guck mal, der Graf von Eckernförde! Janne guckt und ist leicht irritiert, direkt neben ihr segelt der Greif von Ueckermünde. Knapp daneben.

Greif von Ueckmünde voraus
Der Greif von Ueckermünde geht knapp vor unserem Bug durch

Einen Vorteil hat der kräftige Wind, wir kommen zügig voran. Nach weniger als zehn Stunden machen wir kurz vor sechs in Vitte fest. Zur Feier des Tages gibt es Fisch und Chips am Hafen und nach einem kleinen Rundgang durch Ort und an den Strand, lassen wir den Geburtstag gemütlich im Cockpit ausklingen.

Strandkörbe am Sandstrand von Vitte
Vitte: Sandstrand und Strandkorb

Der nächste Tag bietet erneut besten Segelwind. Wir wollen nach Ystad und uns mit der Manatee treffen. Auf unserem Frühlingstörn haben wir uns knapp verpasst, aber diesmal klappt es. Wir segeln bis kurz vor den Toren von Ystad, am Ende sogar unter Gennaker. Nach dem Aufklaren und einem schnellen Abendessen geht er rüber auf die Manatee. Die Zeit verfliegt und ehe wir uns versehen ist es schon Mitternacht.

Fachwerkhäuser und bepflanzte Weinfässer
Ystad: vor der alten Kirche

Kai und Jessica hatten uns so sehr vom weltbesten Eis aus Ystad vorgeschwärmt, dass wir unbedingt am nächsten Morgen einen Abstecher zur Eisdiele machen müssen. Leider hat die noch geschlossen, genauso wie der berühmte Segelladen am Hafen. Wir schlendern trotzdem durch die Stadt, gönnen uns zwei Kanelbulle und beschließen wiederzukommen. Ystad gefällt uns. Von See aus sieht es nach einer Stadt mit Industriecharme aus, aber der Hafen liegt super und die Innenstadt verstömt skandinavischen Flair. Kleine Gassen, bunte Häuser, Fachwerksbauten und Backsteingebäude, Kletterrosen, Stockrosen und Funkien, Kopfsteinpflaster. Einfach hyggelig. Außerdem sind wir neugierig auf den Segelladen und das Eis. Nächstes Mal.

Patrouillenboot im Einsatz
Patrouille vor Hammerhus

Bei Hammerwind geht es nach Hammer Havn. Wir haben Halbwind mit 13kn und Asgard flitzt unter Vollzeug mit 6kn Richtung Bornholm. Sie scheint es gar nicht erwarten zu können endlich nach Bornholm zu kommen. Uns geht es genauso. Die Überfahrt ist das reinste Vergnüngen. Wir sind fast traurig, als wir angekommen sind. Das Segeln unter diesen Bedingungen ist ein absoluter Traum. Wir haben die letzten Tage unglaublich viele Seemeilen geschrubbt. Die Bedingungen waren allesamt bestens zum Strecke machen, aber am meisten Spaß hat der Schlag von Ystad nach Hammer Havn gemacht. Nun genießen wir unser Sehnsuchtsziel Bornholm.

Warnemünde ist weg

Wir sind wieder unterwegs. Gute zweieinhalb Wochen haben wir Zeit. Lange Zeit war das Ziel offen, entweder segeln wir Richtung Osten oder nach Westen. Nach Bornholm oder auf die Nordsee. Am Ende gewinnt Bornholm. Es geht also gen Osten.

Asgard wird eingeräumt
Großenbrode: Einräumen und Ausräumen

Proviant ist eingekauft, Seekarten und Hafenhandbuch sind in letzter Minute besorgt und in einer Nacht-und-Nebel-Aktion hat Janne noch eine neue Baumpersenning genäht und ein Schwarzbrot gebacken. Dann geht es los nach Großenbrode. Gegen Mitternacht sind wir am Schiff angekommen. Wir verstauen noch eine Stunde lang unsere Lebensmittel und Klamotten, bevor wir müde in die Koje fallen.

Janne im Regenschauer
Barfuß in Wetterkleidung

Am nächsten Morgen geht es früh aus den Federn. Wir räumen alles Überflüssige von Bord, kaufen die letzten Kleinigkeiten ein, holen das reparierte Großsegel vom Segelmacher und kochen Kaffee. Wir werfen die Leinen los und lassen Großenbrode hinter uns.

Abendstimmung in Warnemünde
Warnemünde im Wolkenkleid

Erst peilen wir Klintholm an, dann reduzieren wir die Strecke auf Gedser, aber der Wind kommt nicht ansatzweise aus der angesagten Richtung und wir segeln spontan nach Kühlungborn. Das können wir gerade so anlegen. Aber der Wind wird immer weniger, nur um kurz vor Kühlungsborn zu drehen und aufzufrischen. Plötzlich kommt er aus der entgegegengesetzten Richtung und wir lassen uns kurzerhand weiter nach Warnemünde schieben. Warnemünde ist schon längst in Sicht, da holt uns ein Regenschauer ein. Erst verschwimmen die Konturen an Land, dann wird alles grau und Warnemünde ist weg.

Düstere Abendstimmung in Warnemünde
Warnemünde: Wolkenschauspiel

Der alte Strom und der Yachthafen sind voll. Statt uns ins Päckchen zu quetschen, verholen wir uns nach Hohe Düne. Es ist bereits 21 Uhr. Es gibt noch ein Chili con carne bevor wir in die Koje hüpfen. Morgen liegt eine lange Strecke vor uns. Das heißt noch früher aufstehen. Egal. Wir sind wieder unterwegs. Das allein zählt.

Rückblick: Frühlingstörn

Wir hatten seid letzten August keinen richtigen Erholungsurlaub mehr. Umso mehr haben wir die zwei Wochen Frühlingssegeln genossen. Wir waren wenig Entdeckungsfreudig, saßen viel im Cockpit, haben Ruhe, Meer und Sonne genossen und einfach mal abgeschaltet. Wir sind lange aufgeblieben, haben der Sonne beim Untergehen zugesehen, die langen Abende voll ausgekostet.

Nysted: Schaukelwippe

Wir hatten konstant nur Ostwind. Top Wetter und fast ausschließlich Sonnenschein. Unser Deck ist nur an zwei Tagen kurz von oben nass geworden. Der Ostwind hatte den unglaublichen Vorteil, dass wir abends Sonne im windgeschütztem Cockpit hatten mit direktem Blick auf den Sonnenuntergang. Die Sonne ging bei vielen Häfen im Meer unter. Tagsüber war es richtig warm. Abends wurde es dann doch frisch, es ist eben erst Mai.

Frau am Steuer

Der Nachteil vom konstanten Ostwind mit 5Bft war, dass Bornholm für uns zu weit weg lag. Gegenan kreuzen macht bei der Windstärke einfach keinen Spaß. Also sind wir in bekannten Gewässern geblieben und haben unbekannte Orte besucht. Genau aus diesem Gedanken heraus haben wir bei unserer Ostseeumsegelung zu Beginn ziemlich viel ausgelassen und sind zügig in weiter entfernte Gebiete gesegelt. Diese Strategie hat sich für uns ausgezahlt. So langsam werden die weißen Flecken auf unserer persönlichen Ostseekarte weniger. Aber es gibt noch genügend neues im zwei bis drei Wochen Radius der deutschen Ostseeküste zu entdecken.

Sonne und Meer

Dieses Jahr wird alles anders. Dachten wir uns so. Die Kombination aus Kranen und Frühlingstörn in einem Abwasch gefällt uns. Das behalten wir bei. Eine weitere Erkenntnis: Zwei Wochen sind definitiv besser als eine, aber nicht so gut wie drei. Und da nach dem Segeltörn auch vor dem Segeltörn ist, freuen wir uns schon jetzt auf die drei Wochen Sommerurlaub.

Klintholm: Strandläufer

Alte Bekannte und neue Orte

Nysted steht als Törnziel an. Da waren wir schon mal. Ganz am Anfang unserer Ostseeumsegelung, am dritten Abend. Ein süßer kleiner Hafenort. Janne will da unbedingt nochmal hin und freut sich schon riesig drauf. Innen rum oder außen rum ist die spannende Frage. Wir entscheiden uns bei Traumwetter mit viel Wind von achtern für außen rum. Enge Fahrwasser sind da ziemliche Nervenkitzel. Wir haben heute lieber Platz beim Segeln.

Unterwegs

Zu Beginn sind die Wellen noch moderat. Der Autopilot kommt gut zurecht. Je weiter wir uns von Klintholm entfernen, desto höher werde die Wellen. Irgendwann streikt unser Autopilot. Wir rauschen über die Ostsee. Zuerst unter Vollzeugs. Irgendwann nur noch unter Groß. Der Wind dreht immer weiter auf. Bei Gedser biegen wir rechts ab. Plötzlich sind die Wellen weg. Wir können fast bis zu den Gästeplatzdalben in Nysted durchsegeln. Wenige Meter vorm Hafen macht uns der Wind einen Strich durch die Rechnung. Plötzlich kommt er von vorn. In dem engen Fahrwasser von Nysted ist an Kreuzen nicht zu denken und wir werfen den Diesel an.

Unter Segeln bis nach Nysted
Unter Segeln bis nach Nysted

In Nysted Havn wurde erst heute ein hölzerner Schaukelstuhl aufgestellt. Wir nehmen ihn direkt in Beschlag. Dazu je vier Kugeln dänisches Eis. Bestes Sommerwetter mit schönstem Sonneschein. Uns geht es richtig gut. Der Grill wird angeworfen. Die Sonne geht hinterm Schloss unter. Asgard schaukelt im Wind. Segeln kann so schön sein.

Nysted: Partnerschaukel

Am nächsten Morgen sind wir die letzten der wenige Gästelieger, die ablegen. Wir motoren aus dem engen Fahrwasser heraus und nehmen Kurs auf Deutschland. Wieder kommt der Wind aus der perfekten Richtung und wieder können wir Asgard einfach laufen lassen. Die Windvorhersage für Donnerstag hat sich deutlich abgemildert, der Wind soll nicht anders als die vorangegangenen Tage sein. Wir laufen Kühlungsborn an. Schon vom Meer aus sehen wir riesige Rauchschwaden, die von Rostock aus herüberwehen. Dort brennt es im Gewerbegebiet bei einer Recyclingsfirma. Der Brand ist so groß, dass die Rauchschwaden auch hinter Kühlungsborn noch deutlich sichtbar sind und ein schwarzer Streifen sich quer über den Himmel zieht. Wir finden ganz hinten im Hafen einen fast leeren Bereich mit Blick Richtung Sonnenuntergang. Es ist unser letzter Abend unterwegs. Wir sind traurig, dass die Zeit schon wieder vorbei ist.

Kühlungsborn: Rauchfahne aus Rostock

Dann heißt es richtig früh aufstehen. Sogar noch vor dem Wind. Bevor wir Asgard alleine lassen, wollen wir noch ein paar Dinge erledigen. Unter anderem unseren Motor in Ordnung bringen. Das Problem haben wir bereits gefunden – der Impeller ist hin. Ersatz haben wir an Bord. Und siehe da, er läuft wieder qualmfrei und fördert auch wieder genügend Wasser. Wir verholen uns in unseren Heimathafen für diese Saison. Das Großsegel geben wir noch beim Segelmacher ab. Die unterste Lattentasche hat einen Riss bekommen und die Latte rutscht immer wieder raus. Bis zum nächsten Törn wird es geflickt.

Kühlungsborn: Wellenhüpfer

Wir machen klar Schiff, packen unsere sieben Sachen und dann heißt es „Tschüss, Asgard. Bis bald“. Wir freuen uns schon auf das nächste Mal.

Viel Wind, wenig Wind, kein Wind

Wir machen uns langsam auf den Rückweg. Wind und Wetter lassen uns kurze Schläge ins Visier nehmen. Gleichzeitig mahnen sie zur Eile. Für Donnerstag ist viel Wind angesagt. Sehr viel Wind. So viel Wind, dass wir ganz sicher nicht segeln werden. Das kann sich zwar immer noch verschieben, aber wir planen lieber einen Tag Puffer ein.

Rødvig: Fischereischifffahrt

Von Flakfortet geht es Richtung Süden. Geplantes Tagesziel: Nyord oder Rødvig. Die Überfahrt beginnt harmlos mit sehr wenig Wind. Dann kommen aus dem nichts lange große Wellen. Zu viele um von einem Schiff verursacht zu sein. Zu hohe für den wenigen Wind. Der brist immer weiter auf. Und plötzlich sind es statt 2kn Wind deutlich über 20kn. Die verursachen in der Køge-Bucht richtig Seegang. Die Höhe erinnert uns an unsere Zeit im Baltikum.

Rødvig: Fischereizubehör

Damit ist die Entscheidung für Rødvig gefallen. Bei dem Wellengang trauen wir dem flachen Bøgestrøm nicht. In der Faxe-Bucht haben wir die Wellen zunächst von achtern. Zum Großsegel bergen gehen wir in den Wind und haben die kurze, steile Welle frontal von vorn. Asgard taucht immer wieder mit ihrem Bug in die Wellenberge ein. Das Bergen des Groß dauert gefühlt eine halbe Ewigkeit. Henning torkelt auf dem Deck um her. Asgard lässt sich kaum im Wind halten. Als wir fest vertäut im Hafen liegen, schnaufen wir erstmal durch. Trotz Kaimauer, trotz Bug im Wind, trotz Windschutz durch die hochbordige 40ft Yacht neben uns tanzt Asgard wild herum und zerrt an ihren Leinen.

Rødvig: Brandung

Wir setzen uns an den Steinstrand und beobachten die Brandung. Vom Land aus sieht sie nicht annähernd so beeindruckend aus wie noch kurz zuvor auf dem Wasser. Die Möwen nutzen den Wind und segeln gekonnt durch die Luft. Jede Drohne würde bei dem Anblick grün vor Neid werden. Einige Möwen schwimmen auf den Wellen dicht vorm Strand und hopsen synchron über die brechenden Wellen. Das sieht lustig aus und erinnert an LaOla-Wellen im Stadion. Dann verkriechen wir uns unter Deck. Im Cockpit ist es heute zu ungemütlich. Die Gemütlichkeit im Salon ist auch mal schön.

Rødvig: Fischereifähnchen

Am nächsten Morgen prasseln Regentropfen auf unser Deck. Zwei kräftige Regenschauer ziehen durch und geben uns genügend Zeit unser Tagesziel zu planen. Durch den Bøgestrøm bis Vordinborg oder nach Klintholm. Wir waren noch nie auf Møn. Sind schon mehrmals dran vorbeigesegelt. Wir entscheiden uns nicht zuletzt wegen des Seegangs für Klintholm. Den Bøgestrøm wollen wir bei den Wellen gar nicht ausprobieren.

Klippen von Møn

Es wird eine ungemütliche Fahrt bis zu den Klippen von Møn. Die Wellenkämme verdecken teilweise den Horizont. Wir sind zwar recht seefest, aber anstrengend ist das Geschaukel trotzdem. Plötzlich ist der Wind alle. Direkt vor den Kreidefelsen. Wir werfen den Motor an. Die alte Dünung und die schlagenden Segel sind uns einfach zu viel. Henning moniert, dass das so nicht vorhergesagt wurde. 16kn bis in Spitzen 24kn sollten es eigentlich sein. Flaute war nicht vorgesehen. Dann kommt der Wind zurück. Janne flaxt noch, dass der Wind jetzt man nicht auf 30kn hochgehen soll. Da stehen auch schon 29,9kn auf dem Windmesser. Zum Glück sind wir inzwischen mit achterlichem Wind unterwegs. Nur unter Groß machen wir über 6kn Fahrt. Durchs Wasser. Und über Grund.

Klintholm: Natur pur

In Klintholm finden wir einen windgeschützten Liegeplatz. Es ist ziemlich leer. Wir sind unter der Woche unterwegs und die Feiertage sind in Norddeutschland vorbei. Überwiegend deutsche Boote liegen im Hafen. Für die nächsten Tage ist weiterhin eher mehr Wind angesagt. Zum Glück müssen wir nicht gegenan.

Lange Tage, kurze Nächte

In Skanör hat die Saison noch nicht richtig begonnen. Die Segelboote sind gekrant, aber teilweise mastlos. Auf dem Campingplatz am Hafen steht ein einsames Wohnmobil namens Ernie. Die Straßen sind leer. Immerhin ist der ICA gut ausgestattet und gut besucht. Wir stocken unser Proviant auf.
Skanör: Sonnenuntergang
Von Skanör geht es weiter Richtung Norden. Wir wollen nach Ven. Eine schwedische Insel direkt vor Kopenhagen. Wir waren 2015 schonmal da, aber bisher noch nicht auf eigenem Kiel. Die Strecke zieht sich. Es sind doch nochmal dreißig Seemeilen. Dazu kommt sehr unsteter Wind. Wir machen den Motor an und wieder aus. Das ganze wiederholt sich einige Male bis kurz vor Ven. Trotzdem fühlt sich die Überfahrt entspannt an und wir genießen den Tag auf dem Wasser.
Ven: Einer kommt immer noch
Der Hafen ist schon gut gefüllt, einen freien Dalben gibt es noch. Dabei sind wir gar nicht so spät dran. Aber es ist Freitagnachmittag und Ven ist bei den Kopenhagenern beliebt. Nach uns füllt sich langsam jeder freie Fleck im Hafen. Es bilden sich Päckchen und in jede noch so kleine Lücke quetscht sich ein Boot. Einige drehen ab und fahren zurück, einige geben auf und werfen vor dem Hafen den Anker und einige werden durchaus kreativ.
Ven: Abendlicht
Wir werden auch kreativ und probieren unser Sonnensegel aus. War bei der Asgard dabei, haben wir noch nie aufgespannt. Nach einigem hin und her ist es montiert. Die Sonne steht so tief, dass nur unser Kopf im Schatten ist. In der Kombination ist das ganze eher eine Fehlkonstruktion. Da der Wind eingeschlafen ist und die Sonne unbarmherzig vom Himmel brennt, sind wir trotzdem über das kleine bisschen Schatten froh. Es ist Mai und wir fühlen uns wie im Hochsommer in Kroatien. Mit dem Unterschied, dass die lange abendliche Dämmerung den Hafen mit einem ganz eigenen Licht verzaubert.
Ven: Sonnenuntergang im Meer
Der Wind ist launisch. Wir verholen uns mit 2kn Fahrt unter Segeln 12sm nach Flakfortet. Ab und an hilft der Motor mit. Die Dümpelei ist entspannend. Es ist fast gänzlich still an Bord. Der Autopilot surrt bei kleinen Kurskorrekturen, die Wellen plätschern. Ansonsten Stille. Die Ruhe vor dem Sturm. Am Horizont braut sich ein Gewitter zusammen. Kein Wunder bei der Hitze.
Flakfortet: Wechselhaftes Wetter
Wir sehen immer wieder Regenschwaden. Vor uns. Hinter uns. Neben uns. Irgendwie mogeln wir uns durch und kommen trocken im Hafen an. Kaum sind wir fest, fallen die ersten Tropfen auf das Deck. Punktlandung. Wir verkrümeln uns unter Deck. Die Erkundung der Museumsinsel verschieben wir auf später.
Flakfortet: Besuchergruppe im Gänsemarsch

Die Insel ist gut besucht. Viele Tagesgäste, teilweise auf eigenem Kiel, teilweise mit Fähren oder Speedbooten übergesetzt. Abends wird es langsam ruhiger. Dann stören nur noch die unzähligen Mücken den lauen Sommerabend.

Flakfortet: Sonnenuntergang in Pink
Das wir die Insel anlaufen können ist ein Glücksfall. Eigentlich wurde Flakfortet von den Behörden gesperrt. Unter anderem weil der Betreiber die Sanitärräume saniert hat und diese nicht mehr dem Originalzustand entsprechen. Aber Mitte Mai gab es dann doch eine vorübergehende Erlaubnis Flakfortet wieder für Segler zu öffnen.
Flakfortet: Der Zahn der Zeit
Wir sind inzwischen eine Woche unterwegs und genießen es auf dem Wasser zu sein. Den Wind in den Segeln zu spüren. Jeden Abend woanders anzulegen. Die ewig langen Tage. Es wird erst nach zehn dunkel. Wir bleiben lange auf. Genießen die lauen Abende draußen im Cockpit.