Aktuell unterwegs
Wiedersehen auf dem Wasser
Auf Fehmarn angekommen klotzen wir richtig ran, machen die Asgard in Rekordzeit fit fürs Wasser, verproviantieren uns und ehe wir uns versehen, schwimmt sie auch schon. Janne flitzt direkt nach dem Verholen auf unseren Liegeplatz los und bringt das Auto zu ihren Eltern. Sie kommt mit dem letzten Zug nach Mitternacht in Burg an, am Bahnhof wartet schon das Leihrad und um ein Uhr nachts kriecht sie völlig platt in ihre Koje. Geschafft!
Am Ende kommt es doch immer anders als man denkt
Rückblick: Die Flitterwochen
Wir waren gespannt. Diese Saison waren wir bisher immer nur verlängerte Wochenenden segeln. Das war nett. Aber so richtig begeistert hat uns das nicht. Kein Vergleich zum letzten Jahr. Hat es sich wirklich gelohnt die Asgard zu behalten?
In unseren Flitterwochen hatten wir endlich Zeit Strecken machen zu können. Loszufahren, ohne sofort wieder an die Rückkehr denken zu müssen. Uns juckte es richtig in den Fingern. 3,5 Wochen Segelzeit hatten wir, nach 3 Wochen waren wir entspannt wieder zurück an unserem Dauerliegeplatz.
Und wir können im Nachhinein sagen: es war ein voller Erfolg. Die drei Wochen waren richtig toll. Das Wetter hat fast immer mitgespielt. Pünktlich zum Ablegen hat der Wind von Nord auf Süd gedreht. Der Strom hat uns kräftig angeschoben. Wir sind in einem unglaublichen Tempo in die westschwedischen Schären gesegelt. Wir mussten in den drei Wochen kaum kreuzen. Wir konnten unsere Ziele immer an den Wind anpassen. Immer wenn wir ein Windfenster brauchten, war eins in Sicht. Kann man eigentlich so viel Glück haben?
Braun gebrannt sind wir zurück gekehrt. Richtig erholt. Wir haben unsere halbe Woche Puffer nicht aufs Spiel gesetzt. Statt irgendwo weiter rumzutrödeln und am Ende bei Wind aus der falschen Richtung doch noch in Stress zu geraten, haben wir lieber den Segeltörn ein paar Tage früher, aber bei bestem Segelwetter, beendet.
Diese Form des Reisens hat uns ans letzte Jahr erinnert. Am Anfang waren wir ähnlich schnell unterwegs wie im Baltikum. Dadurch konnten wir die Zeit in den westschwedischen Schären genießen ohne in Rückfahrtstress zu geraten. Der Norden Dänemarks war dann landschaftlich wieder anders. Und am Ende hat die Zeit noch für einen Schlenker nach Kopenhagen gereicht. Somit war der Törn insgesamt wirklich abwechslungsreich.
Und es gab einige Parallelen zu letztem Jahr. Wieder war Bagenkop unser letzter Hafen in Dänemark. Wieder haben wir Hennings Geburtstag auf einer einsamen Insel verbracht. Und den Vorabend von Jannes Geburtstag in einer Hauptstadt. An Jannes Geburtstag waren wir wieder ankern. Und wieder war das Wetter im August sehr wechselhaft mit Starkwind. Ansonsten bleiben Erinnerungen an die vielen Schweinswalsichtungen, Regenbögen, Robben, Schärensegeln bei viel Wind und mit kaum Welle, Makrelen in der Abenddämmerung und an immer wieder vier Kugeln Eis zu zweit.
Würden wir etwas anders machen? Vielleicht in einem anderen Sommer. Anfang August war es in Schweden doch ganz schön voll an den Schären. Das Wetter war im August ähnlich wechselhaft wie letztes Jahr. Abseits der Hauptsaison unterwegs zu sein beschert einem doch einsamere Momente. Andererseits haben wir so Fredi und Hinnerk treffen können. Und die Flitterwochen waren direkt im Anschluss an unsere Hochzeit. Somit war es für diesen Sommer so und nicht anders genau richtig.
Und nächstes Jahr? Es gibt noch genügend weiße Flecken und Törnziele auf der Ostseelandkarte für uns.
Die Rückreise
Es geht zurück. Langsam ruft das Urlaubsende. Beziehungsweise es ruft täglich lauter. Wir nehmen es als sportliche Herausforderung und planen von Kopenhagen in 3 Tagen zurück nach Kiel zu segeln. Wir haben allerdings noch weitere 3 Tage Puffer.
Also heißt es früh Aufstehen an Jannes dreißigstem Geburtstag. Die Fußgänger-Brücke vor Christianhavn versperrt uns den Weg. Wir nehmen die frühe Brückenöffnung um 7 Uhr um der Rushhour aus dem Weg zu gehen. Dabei sind wir nicht die einzigen, noch zwei weitere Boote sind bereits so früh unterwegs.
Außerdem wollen wir Strecke schaffen. Ziel ist es bis Vordinborg zu kommen. Bis dahin liegt ein langer Segeltag vor uns. Aber erstmal müssen wir aus den Kopenhagener Kanälen zurück in die Ostsee. Die Stadt schläft noch. Nur zwei Touristen leisten der Meerjungfrau Gesellschaft. Es ist alles ruhig.
Auf der Ostsee angekommen können wir Segel setzen. Über unsere Köpfe brettern Flugzeuge im Tiefflug hinweg. Landeanflug auf den Kopenhagener Flughafen. Wir sitzen im Cockpit, schlürfen unseren Kaffee und genießen den traumhaften Sonnenschein und die schöne Morgenstimmung.
Der Tag verläuft zunächst recht unspektakulär. Zwischendurch schläft der Wind ein und wir motoren. Dann ereichen wir den Bøgestrøm. Ab da wird es plötzlich spannend. Das Fahrwasser ist nicht besonders tief, drum herum ist es noch viel flacher. Wir sind hochkonzentriert und unser Puls schnellt mehrmals in die Höhe. Dazu laufen wir fast zeitgleich mit vier weiteren Schiffen in das Fahrwasser ein. Die vier Schiffe sind alle hinter uns. Und teilweise schneller als wir. Zusätzlicher Nervenkitzel.
Kurz vor Vordinborg stehen wir dann vor der Wahl. Nach Vordinborg reinfahren oder noch einmal frei ankern? Wir entscheiden uns für frei ankern und genießen einen wunderschönen Geburtstagsabend schwojend am fest haltenden Anker. Der Ankerfluch scheint gebrochen.
Wir wollten uns mit Felix und der Lupercalia treffen. Eigentlich. Klintholm steht zur Diskussion. Aber Felix kommt nicht schnell genug voran. Wir müssten einen Tag auf ihn warten. Dann wäre aber das für uns perfekte Windfenster wieder zu. Einen Tag mit Südostwind haben wir um nach Bagenkop zu kommen, dann dreht der Wind auf West. Wir haben schon den ganzen Tag überlegt und diskutiert. Am Ende entscheiden wir uns für den Wind und gegen das Treffen mit Felix. Ein bisschen traurig sind wir schon, dass wir ihn verpassen.
Der Südostwind pustet uns am nächsten Tag durch das Smålandfahrwasser. Entspannt segeln wir mit Wind von schräg hinten nördlich von Falster und Lolland entlang. Dann kommt der Punkt an dem wir abbiegen. Plötzlich ist es ein Am-Wind-Kurs. Dazu brist der Wind auf. Wir verstehen unser Boot nicht mehr. Sie liegt unruhig im Wasser und kommt kaum voran. Wir reffen die Segel, bergen das Groß, rollen die Fock wieder ganz aus und geben irgendwann auf. Ein fiese kurze Welle bremst uns aus. Zudem kommt die Welle aus einer anderen Richtung als der Wind.
Das Mysterium klärt sich. Zeitweise haben wir bis zu 3kn Strom gegenan. Bei 5-6kn Fahrt durchs Wasser bleiben 2-3kn Fahrt über Grund. Eine eher langsame Geschwindigkeit. Henning findet den Kurs zudem irritierend. Er steuert mehr als 30° am Land vorbei. Der Strom bremst nicht nur, er versetzt uns auch ordentlich. Wir kämpfen. Und irgendwann haben wir es geschafft. Brauchen immer weniger vorhalten, kommen immer schneller voran. Wie schnell sich plötzlich 4-5kn anfühlen.
Unterwegs erreicht uns eine Nachricht von der Wetterfee. Gewitter über Norddeutschland, Zugrichtung von Hamburg über Kiel Richtung Dänemark. Empfehlung der Wetterfee: wir sollen zuschauen, dass wir bis 20 Uhr – spätestens bis 20:30 – im Hafen sind. Wir geben uns alle Mühe und laufen im T-Shirt und kurzer Hose mit den ersten Regentropfen um 20:45 in Bagenkop ein. Kaum sind wir fest, öffnet der Himmel seine Schleusen und es fängt an wie verrückt zu pladdern.
Wir sind froh es geschafft zu haben. Kochen ein letztes Mal an Bord. Genießen die Gemütlichkeit unter Deck. Und sind ganz schön platt von dem langen Tag. Bereuen unsere Entscheidung weiterzufahren aber nicht. Gegenan wäre es deutlich anstrengender geworden. So war die lange Strecke schaffbar und hat trotz des Gegenstroms Spaß gemacht.
Am nächsten Morgen hat der Wind gedreht. Auf West.Wir rauschen Richtung Kiel. Es ist wieder mal perfekter Segelwind. Wir holen nochmal den Gennaker raus, bevor wir drei Seemeilen vor Kiel verhungern. Wind alle. Motor an.
Wir tanken die Asgard noch in Laboe voll, bevor es die Kieler Förde hoch geht. Und dann ist es plötzlich vorbei. Nach exakt 3 Wochen machen wir wieder an unserem Dauerliegeplatz fest. Zurück aus den Flitterwochen. Schön wars. Wir räumen noch einen Großteil der Lebensmittel von Bord. Packen unsere Sachen. Und lassen die Asgard hinter uns. Die Flitterwochen sind achteraus.
Kopenhagen
Wir entscheiden uns für Kopenhagen. Die Zeit reicht noch, die Wetterprognose sieht günstig aus und Janne redet schon die ganze Zeit von Kopenhagen. Von Grenå aus geht es über das Kattegat zurück Richtung Westschweden. Das ist eine ordentliche Strecke für eine Tagesetappe.
Morgens ist zunächst noch wenig Wind. Doch schon nach 5 Seemeilen können wir den Gennaker ziehen. Der Wind wird immer mehr. Mittags tauschen wir den Gennaker gegen die Fock. Mit dem aufbrisenden Wind kommt der Regen. Immer wieder regnet es.
Nördlich von Seeland hören wir über Funk einen Notruf. Mann über Bord. Alle Seefunktstellen nördlich von Seeland werden gebeten sich bei Lyngby Radio zu melden. Wir melden uns. Die genaue Unglücksstelle ist allerdings 1,5h von uns entfernt und wir werden gebeten auf Standby zu bleiben. Eine halbe Stunde später haben sie die Person gefunden. Wir atmen durch. Das ist bereits das zweite Mal auf unserer Tour. An unserem ersten Tag gab es ebenfalls eine Suchaktion nach einer Person auf unserer Strecke. Da waren wir zu dem Zeitpunkt noch zu weit entfernt um helfen zu können. Auch dort haben die Seenotretter die Person rechtzeitig gefunden.
Wir kommen gut voran. Und entscheiden uns trotz des Regens bis Helsingør zu fahren. Damit befinden wir uns nur 2 Seemeilen von Westschweden entfernt. Gegen Abend klart es immer mehr auf.
Am nächsten Morgen geht es früh weiter. Wir wollen in Kopenhagen noch genügend Zeit haben. Die Sonne strahlt vom Himmel, aber es pustet ordentlich. Mit zweifach gerefftem Groß und gereffter Fock flitzt die Asgard nach Kopenhagen. Leider verpassen wir die Brückenöffnung vor Christianshavn knapp und müssen 45min warten. Wir klaren schon mal das Boot auf und überlegen was wir in Kopenhagen besichtigen wollen.
Henning will nach Christiania und Janne in den botanischen Garten. Auf dem Weg von Christiania durch die Stadt stolpern wir über ein Streetfoodfestival und bleiben dort erstmal hängen. Wir sind vom vielfältigen Angebot beeindruckt. So viele leckere Sachen, so viele kreative Ideen, so viele verschiedene kulinarische Nationalitäten. Von Hauptgerichten über Kuchen und Gebäck bis zu Cocktails wird alles angeboten. Und es ist ordentlich was los. Richtig Trubel. Es ist Sonntag, die Sonne scheint und die Kopenhagener genießen es.
Wir machen doch noch den Abstecher zum botanischen Garten. Schließlich wollen wir uns wieder Appetit für ein Abendessen auf dem Streetfoodfestival anlaufen. Der Besuch fällt allerdings eher kurz aus. Es zieht uns zurück in die Innenstadt und zu den kulinarischen Köstlichkeiten. In den aufgestellten Liegestühlen genießen wir den Blick über Kopenhagen in der Abendsonne. Mit Süßkartoffelpommes und Gin Tonic lassen wir es uns gut gehen.
Zurück am Boot werden wir zum ersten Mal auf unseren „Just Married“ Fender angesprochen und kommen so mit unserem Liegeplatznachbarn ins Gespräch. Wir bekommen von ihm die genauen Öffnungszeiten für die Brücke. Gerade morgens unter der Woche öffnet die Brücke nicht stündlich. Es ist zwar nur eine Fußgänger- und Radfahrerbrücke, aber auch da gibt es eine Rushhour. Und so sammeln sich morgens schnell 200-300 Menschen an und warten, dass ein Boot die Brücke passiert.
Es ist ein ruhiger Abend. Wir sitzen noch eine ganze Weile im Cockpit. Sehen wie die Stadt nach einem herrlichen Sommertag zur Ruhe kommt. Ein schöner Vorabend von Jannes dreißigsten Geburtstag. Es hat schon was mitten in der Stadt zu liegen.
Der Norden Dänemarks
Rückfahrt. Das hört sich fies an. Dabei haben wir noch fast die Hälfte der Zeit vor uns. Sollen wir doch noch ein paar Tage länger in den Schären bleiben? Auf ein späteres Wetterfenster hoffen? Noch einmal Schärenankern gehen?
Wir entscheiden uns für die Überfahrt. Es fühlt sich richtig an, jetzt schon zurück zu fahren. Das Wetterfenster ist nicht perfekt. Wir motoren die Strecke bis Skagen komplett. Nach Tagen des Starkwinds herrscht jetzt Flaute. Die hohen Wellen haben sich zu einer langen Dünung abgebaut. Aber lieber bei keinem Wind motoren als bei 6-7 Beaufort gegenan zu müssen, weil uns die Zeit ausgeht.
Nachdem die Entscheidung getroffen ist, sind wir zufrieden. Die Überfahrt ist entspannend. Wir müssen nicht ständig auf Fahrwasser, Tonnen und Steine achten. Wir müssen nicht die ganze Zeit die hübschen Ufer und Inselchen bestaunen. Wir können einfach den Autopilot steuern lassen, ab und zu nach Fischerfähnchen und anderen Booten Ausschau halten und entspannen. Janne liest viel, Henning übt sich weiter im Spleißen.
Kurz vor Skagen queren wir die Fahrwasser der großen Tanker. Ohne große Kursänderungen können wir zwischen den Schiffen durchschlüpfen. Es sind eher wenige Schiffe unterwegs. Irritiert sehen wir auf dem AIS wo der Rest abgeblieben ist. Die liegen alle vor Skagen vor Anker. Auf dem AIS sieht es wie ein riesiger Schiffsparkplatz aus.
Der Hafen von Skagen erinnert an die Häfen im Baltikum: industriell, lieblos. Hier aber gepaart mit skandinavischem Charme und Nähe zur Stadt. Die Fußgänger spazieren über die Stege und betrachten die Boote. Dadurch ergibt sich eine ganz eigene Stimmung.
Es liegen winzige Fischerbötchen und riesige Industriefischerschiffe im Fischereihafen. Wir wollen uns vor Heckanker an den Steg im Gästehafen legen. Uns erreichen die Nachwehen aus Schweden: Der Anker hält nicht einmal ansatzweise. Wir probieren es gar nicht erst ein zweites Mal sondern gehen bei einer schwedischen Yacht ins Päckchen.
An Land gibt es frischen Fisch. Nach langen Überlegungen entscheiden wir uns für Seeteufel, Knurrhahn und Steinbutt. Dann leihen wir uns Fahrräder. Wir fahren zu der Touristenattraktion Skagens schlechthin. Zusammen mit unzähligen anderen Touristen stehen wir am Treffpunkt von Nordsee und Ostsee. Waten mit den Füßen im kalten Wasser umher und beobachten wie sich die Wellen von Nord- und Ostsee entgegenschwappen.
Am nächsten Tag soll der Wind mittags von Ost auf Süd drehen. Da wir nach Süden wollen, entscheiden wir uns für einen kurzen Tag. Wir nutzen den Ostwind um uns bis nach Hirsholmen zu verholen. Es wird ein knackiges Segeln hoch am Wind mit ordentlich Welle. Für wenige Meilen macht das richtig Spaß. Aber viel weiter als Hirsholmen hätten wir das nicht gebraucht.
Pünktlich mit unserer Ankunft hat der Wind auf Süd gedreht. Am Gästesteg macht man eigentlich mit Heckanker fest. Nach den schlechten Erfahrungen der letzten Tage gehen wir längsseits. Der Wind hätte sonst voll auf die Breitseite der Asgard gedrückt. Die denkbar schlechteste Belastungsrichtung für einen Anker. Bisher ist in Hirsholmen auch noch nichts los. Und wir können mit dem Bug im Wind liegen.
Die Insel ist total schön. Die Wege durch die Natur sind in die Wiesen gemäht. Der Leuchtturm ist ein markantes Wahrzeichen. Die Häuser strahlen Gemütlichkeit aus. Auf den beiden Friedhöfen sehen wir, wie lange die Insel schon bewohnt ist. Nur Einwohner sehen wir kaum. Die scheinen sehr scheu zu sein, haben uns aber genau im Blick.
Wir genießen den ruhigen Tag. Und planen für die nächsten Tage. Grenå schaffen wir nicht an einem Tag, die Strecke ist zu weit. Aber eine gute Tagesetappe entfernt gibt es eine schöne Ankermöglichkeit. Sie liegt zwischen zwei Sandbänken mit Blick auf das offene Meer. Die möchte Janne unbedingt ausprobieren. Trotz unser Ankerschwierigkeiten der letzten Tage.
Wir segeln von Hirsholmen zum dänischen Festland. Es wird ein traumhafter Segeltag. An unserem Ziel angekommen, liegen dort bereits ein paar Boote. Wir werten das als gutes Zeichen. Dort muss man gut ankern können. Die Einfahrt zwischen den Sandbänken ist flach und unbetonnt. Wir suchen uns eine passende Stelle aus, werfen den Anker und fahren ihn ein. Diesmal hält er auf Anhieb. Wir programmieren sicherheitshalber noch unsere Alarme (Windalarm, Tiefenalarm, GPS-Abstandsalarm) und entspannen dann.
Der Blick auf das offene Meer ist wunderschön. Es ist das erste Mal, dass wir nicht in einer geschützten Bucht ankern und eine so freie Aussicht haben. Der Wind frischt gut auf. Trotzdem fühlen wir uns sicher und genießen den Abend ausgiebig. Das Aufbrisen war vorhergesagt und überrascht uns somit nicht.
Es geht weiter nach Grenå. Zunächst können wir gut segeln. Erst unter Fock, dann mit Gennaker. Irgendwann ist der Wind alle und wir motoren. Die See wird immer ruhiger bis sie fast spiegelglatt da liegt. Wir sehen mehrfach Schweinswale. Bestimmt 6-7 Mal. Und das waren bestimmt nicht alle, die unseren Weg gekreuzt haben. Durch das glatte Wasser können wir sie auch in weiterer Entfernung erkennen. Jedes Mal wenn sie auftauchen breiten sich auf dem Wasser Kreise aus. Zuerst fotografiert Janne immer nur Wasser. Aber irgendwann bekommt sie zumindest eine Rückenflosse mit aufs Bild.
In Grenå ist tote Hose. Bereits in Skagen war der Hafen nicht so voll wie befürchtet. In Grenå ist es streckenweise richtig leer. Die Hauptsaison scheint hier oben vorbei zu sein. Die Segelboote sind wieder auf dem Weg in den Süden. Es beschleicht uns ein Gefühl von Abschied.
Es riecht sogar nach Abschied. Müffelt leicht modrig. Immer wieder ziehen überlriechende Geruchsschwaden an uns vorbei. Wir sitzen trotzdem im Cockpit und diskutieren wie es weitergehen soll. Wir stehen vor der Entscheidung von Grenå durch den großen Belt direkt zurück nach Kiel zu segeln oder über Kopenhagen zu fahren.
Wir konnten in Norddänemark einige weißen Flecken auf der norddänischen Landkarte tilgen. Uns hat es gefallen. Die Entscheidung für die Überfahrt von Westschweden nach Dänemark war eine gute Idee. Auch der Zeitpunkt war der richtige. Jetzt heißt es sich zu entscheiden zwischen Kopenhagen und Kiel. Direkte Rückreise oder noch einen Schlenker segeln.
Irgendwie ist der Wurm drin
…eigentlich wollten wir die Zeit in Westschweden nur an Schären verbringen. Aber irgendwie ist diesmal bei uns der Wurm drin. Das Wetter will nicht so recht. Der Anker hält nicht. Letztendlich verbringen wir mehr Nächte im Hafen als geplant.
Nach der Nacht in Hamburgsund fahren wir etwas aus dem geschützten Schärenfahrwasser heraus. Das Wetter ist ruhig. Und wir wollen die vorgelagerten Schären erkunden. Die Schären von Väderöarna sollen besonders empfehlenswert sein. Dort kann man entweder in einem kleinen niedlichen Hafen festmachen oder auf der anderen Seite der Schäre an Stegen längsseits gehen.
Zusätzlich gibt es eine kleine „Garage“. Theoretisch kann man da längsseits an der Schäre „parken“. Genau dort wollen wir hin. Wir probieren lange herum, finden aber keine praktikable Lösung für die Asgard bei Südwind. Sie lässt sich einfach nicht sicher vertäuen. Also verschnaufen wir erstmal an den Stegen um die Ecke, bevor wir uns in den kleinen niedlichen Hafen verholen. Während wir die Insel erkunden fängt es an zu pladdern. Wir verkriechen uns unter Deck und wettern ab.
Abends verzieht sich der Regen. Die Sonne lacht wieder und wir können uns dem stimmungsvollen Lichtzauber der kleinen Insel nicht entziehen.
Am nächsten Tag wollen wir partout an eine Schäre und segeln zu den Kosterinseln. Das ist auch unser nördlichster Punkt der Reise. Strömstad selbst soll nicht so attraktiv wie die Schären sein. Uns reicht es bis in die Gegend von Strömstad gesegelt zu sein. Die Kosterinseln sind wirklich hübsch und wir sind stolz es in der kurzen Zeit soweit geschafft zu haben.
Wir finden eine einsame Schäre und machen fest. Das erste Mal alleine am Fels. Wir erkunden die Schäre und Grillen an Land. Der Wind frischt auf und dreht. Irgendwann stellen wir fest, dass der Anker nicht mehr hält. Wir starten einen erneuten Anlauf. Wieder hält der Anker nicht. Wir entscheiden uns gegen die Schäre und für einen Hafen. Es wird bereits dunkel und der Wind brist immer mehr auf. Der nächste Hafen ist wieder nicht weit und wir können längsseits in ein zweier Päckchen gehen. Bei 25kt und untergehender Sonne ist der Anleger nicht ohne, klappt aber reibungslos.
Es geht zurück Richtung Süden. Diesmal planen wir ausreichend Zeit und Optionen zum Schärensuchen und festmachen ein. Aber es ist wie verhext. Die erste Schäre ist zu ungeschützt. Bei der nächsten Schäre hält der Anker nicht und der zweite Platz ist bereits besetzt. Auf dem Weg zur dritten Option beginnen wir bereits rechts und links vom Fahrwasser weitere Alternativen in Augenschein zu nehmen. Auch die dritte Option ist nichts. Alle guten Plätze sind bereits besetzt und die ganze Bucht ist bei dem vielen Wind trotzdem relativ ungeschützt.
Wir laufen eine letzte Option an. Doch auch dort will unser Anker nicht so richtig halten. Schade. Also geht es wieder in den Hafen. Nach Hamburgsund. Den Ort kennen wir ja mittlerweile. Im Nachhinein hätten wir uns das Anlaufen auf dem Hinweg sparen und lieber an einer Schäre gehen können. Da war das Wetter noch ruhiger und wir hätten sicher eine Schäre gefunden. Hinterher ist man immer schlauer.
Ein Highlight erwartet uns noch in Hamburgsund. Am ersten Augustwochenende ist jedes Jahr südlich von Hamburgsund Wikingerfest. Wir laufen die halbe Stunde bis zum „Hoge Slott“ und verbringen den Sonntagmittag auf dem Fest. Es ist klein, authentisch und gemütlich. Keine Massenveranstaltung aber gut besucht und liebevoll gestaltet.
Nachmittags legen wir wieder ab und fahren noch etwas weiter Richtung Süden. Aus Prinzip schauen wir noch in eine gut geschützte Ankerbucht, bleiben dann aber doch lieber die Nacht im Hafen von Malmön. Die geschützte Bucht ist bei Böen bis zu 8 Windstärken dann doch gar nicht mehr so geschützt…
Einen Tag haben wir noch in den westschwedischen Schären. Wir verabreden uns mit Hinnerk und Fredi in einem Naturhafen. Erst können wir segeln, später müssen wir motoren. Der Wind kommt direkt von vorne und die Fahrwasser sind zu eng zum Kreuzen. Henning möchte ein letztes Mal an die Schäre. Aber der Naturhafen und die Windrichtung geben es einfach nicht her.
Also ankern wir frei und fahren mit dem Dinghi zur Pfährd voraus rüber. Nach einem gemütlichen und sehr lustigen Abend fallen wir in die Koje. Morgen geht unser Ticket zurück nach Dänemark. Dann heißt es „Tschüss Schweden, bis zum nächsten Mal“. Wir kommen wieder!
Alt Bekanntes und einiges Neues
Die Überfahrt von Anholt nach Schweden geht nicht ganz so flott wie die Schläge die Tage davor. Dafür ist es der erste Tag an dem wir Wind richtig von hinten haben. Zumindest am Anfang. Also Vorsegel ausbaumen, Autopilot anschalten und entspannen. Dieses Segeln haben wir dieses Jahr so bisher noch nicht gehabt. Da werden Erinnerungen wach.
Irgendwann holt uns eine Regenfront ein, bringt erst viel zusätzlichen Wind mit und nimmt dann den kompletten Wind mit. Wir dümpeln plötzlich mitten in der Schifffahrtsstraße herum. Also Motor an. Und weil er schon einmal läuft, lassen wir uns noch eine ganze Weile weiterschieben bis endlich wieder Wind da ist.
Die letzten Meilen rauschen wir wieder mit gutem Wind unter Segeln bis nach Schweden. Die erste angepeilte Schäre ist uns zu voll und zu ungeschützt. Bei der zweiten brauchen wir ein paar Anläufe bis wir die richtige Stelle gefunden haben. Dann aber sitzt der Anker und die Asgard liegt fest. Unser übliches Schärenprogramm beginnt: Schäre erkunden, Freunde zuhause mit Fotos neidisch machen, Grill rausholen, glücklich sein.
Wir wollen so schnell wie möglich in den Norden kommen. Unser Tagesziel ist eine Schäre in der Nähe von Lysekil. Auf dem Weg dorthin kommen wir an Erinnerungen aus letztem Sommer vorbei: der Caterpillarshop mit eigenem Anlegesteg bei Göteborg, die lachende Kirche, das enge Fahrwasser bei Marstrand, Schären überladen mit Häusern, Schären mit nur einem einzigen Haus drauf und das niedliche Gullhomen. Letztes Jahr sind wir bei Gullholmen Richtung Süden abgedreht. Diesmal fahren wir weiter. Und sind plötzlich irgendwie aufgeregt. Jetzt beginnt Neuland. Unbekannte Gewässer. Jetzt ist alles anders.
Naja nicht ganz. Die Innenfahrwasser sind gewohnt geschützt von den Wellen des Kattegats/Skagerraks. Zwischendurch guckt eine Robbe aus dem Wasser, Wildgänse und Schwanenfamilien schwimmen vorbei. Und irgendwie sind es immer noch Schären mit einem Haus oder vielen Häusern drauf.
Abends an der Schäre liegt direkt neben uns eine Bavaria 30. Allerdings ein neueres Modell als unsere. Wir grillen und genießen die Farbspiele des wunderschönen Sonnenuntergangs und lassen gemütlich Hennings Geburtstag ausklingen.
Die letzten Tage waren mit Ausnahme des Hafentags alles lange Schläge. Wir brauchen einfach mal einen Tag zum durchschnaufen. Somit geht es durch den engen Sotekanal bis Hamburgsund. Laut unserem deutschen (Gerti und Harm Claußen) und schwedischem Revierführer (Hamnguiden) sollte es dort ein Wikingerdorf geben. Das wollen wir besichtigen. Leider ist es aber seit einigen Jahren geschlossen. Damit fällt der Besuch ins Wasser. Allerdings findet jedes Jahr am ersten Augustwochenende ein Wikingerfest direkt nebenan statt. Wir sind nur wenige Tage zu früh dran.
Vieles kommt uns bis hierhin bekannt vor. Aber einiges ist auch neu. Die Schären sind Anfang August deutlich voller. Aber auch die Fahrwasser sind voller. Wir sind dort zwar geschützt vor den Wellen aus dem Kattegat, nicht aber vor dem Schwell der unzähligen Motorboote. Die Häfen sind teurer. Es ist einfach Hauptsaison. Und für uns neu ist das Gebiet nördlich von Gullholmen.
Flitterwochen voraus
3,5 Wochen Urlaub
Ziel: Weiße Flecken von der Ostseelandkarte tilgen
Leinen los: 27.07.2017
Gefährt: Immer noch die Asgard
Crew: wir beide
Plan: Ostseeluft in den schwedischen Westschären schnuppern
Wir haben Urlaub. Einen richtigen Sommerurlaub um genau zu sein. Insgesamt 4,5 Wochen haben wir frei, nach unserer Hochzeitsfeier bleiben dann noch 3,5 Wochen Zeit zum Flittern. Das Segelwetter meint es gut mit uns. Pünktlich zum Ablegen bekommt der Wind eine deutliche Südkomponente und schiebt uns mit Kraft nach Norden. Wir legen innerhalb kürzester Zeit gigantische Strecken zurück. So kommt es uns zumindest vor. Bei unseren bisherigen Wochenendtörns haben wir Ziele in maximal 30sm Entfernung angepeilt. Immer im Hinterkopf den Gedanken: wir müssen es morgen auch wieder zurück schaffen. Jetzt haben wir mehr Zeit und segeln drauf los was das Zeug hält.
Es geht zunächst von Kiel in den Großen Belt. Lundeborg erreichen wir spät aber glücklich. Die komplette Strecke von Kiel konnten wir auf einem Bug segeln. Kein Wende, keine Halse. Am nächsten Tag geht es früh weiter nach Tunø. Dort sind wir mit der Crew der „Pfährd voraus“ verabredet. Fredi und Hinnerk von „Meer als Alltag“ sind gerade mit ihrem neuen Schiff und ihrem Baby in Elternzeit unterwegs. Da es ordentlich weht, legen wir spontan einen Hafentag ein und erkunden mit den dreien die Insel.
Aber die Asgard zerrt schon wieder an ihren Leinen und wir nehmen von Tunø Kurs auf Anholt. Es wird ein traumhafter Segeltag, wir können Anholt von Tunø direkt aus anliegen und segeln auch diesmal die gesamte Strecke auf einem Bug. Anholt ist gut gefüllt und wir machen längsseits an einem anderen Schiff fest. Die Crew will am nächsten Tag um sieben Uhr in der Früh los um den günstigen Wind nach Kopenhagen zu nutzen. Sieben Uhr ist ganz schön früh. Aber da der Weg in die schwedischen Westschären weit ist, passt uns das frühe Aufstehen auch ganz gut.
Immer mehr erinnert uns an unseren großen Törn letzten Sommer. Regenbögen am Himmel, Schweinswale prustend im Kielwasser, traumhafte Sonnenuntergänge, Wind von hinten – so langsam kommen wir dem Gefühl vom letzten Sommer nahe. Wochenendsegeln in der Kieler Förde ist einfach ganz anders und ist von diesem Gefühl meilenweit entfernt.
Aber natürlich ist einiges neu und einiges anders. 3,5 Wochen sind eben nicht 5 Monate. Aber eben doch mehr als nur ein (verlängertes) Wochenende oder eine Segelwoche. Bis jetzt gefällt es uns richtig gut. Und unser Plan dieses Mal endlich bis Strömstad zu kommen scheint aufzugehen.