Aktuell unterwegs

Rückblick: Die Reise

Fünf Monate waren wir unterwegs. 149 Tage waren wir auf dem Wasser. Jeden Tag draußen, den ganzen Tag an der frischen Luft. Wir hatten einen unglaublich schönen Sommer, fast immer tolles Segelwetter.Wir haben sehr viel Segelerfahrung gewonnen, sind aber auch mal motort. Wir haben die unendlichen Tage im Norden genossen und fünf Monate die Seele baumeln lassen. Wellness pur für die Seele quasi.

Zu Beginn waren wir sehr schnell unterwegs. Wir sind zuerst über das Baltikum gefahren und für uns war es so genau richtig. Das Baltikum hat uns gefallen, es ist ein großer Kontrast zu dem an vielen Stellen naturbelassenen, idyllischen Skandinavien. Zu Beginn waren wir aber noch so aufgeregt, dass an Ankern, Natur genießen und niedliche kleine Häfen kein Gedanke verschwendet wurde. Auf dem Rückweg hätte uns das Baltikum vermutlich nicht so gut gefallen. Zu verwöhnt waren wir von der Natur und der Idylle Skandinaviens. Aber gerade der Kontrast hat uns am Baltikum so gut gefallen.

Die Zeit, die wir zu Beginn eingespart haben, hat sich an vielen Stellen ausgezahlt. Als das Wetter im Baltikum mies wurde, waren wir bereits in Finnland. Bis Midsommar, bevor die Massen die Ålands erobern, haben wir die Einsamkeit dort genossen, einige Ostseesegler mussten aus Zeitmangel vor Haparanda abdrehen, wir konnten dorthin in Ruhe hochgondeln und gerade am Ende haben wir die Extrazeit wirklich entspannt genießen können. Wir haben sowohl unseren geplanten Starttermin als auch unseren anvisierten Endtermin genau einhalten können. Das hat uns selbst überrascht.

Insbesondere die Einsamkeit hat uns sehr gut gefallen. Nördlich der Ålands und des Stockholmer Schärengartens ist selbst zur Hauptsaison wenig los, vielleicht mit Ausnahme der Höga Kusten. Ganz alleine an einer Schäre zu liegen, inmitten schönster Natur, nur umgeben von Ruhe, war für uns Glück pur. Gegen die Mücken haben wir unterwegs auch ein wirksames Mittel gefunden.

Neben dem guten Timing, hatten wir einfach unglaubliches Wetterglück. Mai und September waren dabei die besten Monate, der August ist zu unserer Überraschung im Vergleich etwas hinterhergehinkt. Trotzdem war er immer noch ein ganz normal schöner Sommermonat. Wir hatten einfach ein unverschämtes Riesenglück mit dem Wetter diesen Sommer.

Aber Wetter und Timing sind nur die Randbedingungen für das eigentliche Erlebnis. Wir haben viel gesehen und viel erlebt. Baby-Elche, Schweinswale, eine knuffige Eule und Schwanenfamilien. Zu Beginn der Tour waren die kleinen Schwäne noch ganz winzig, zum Ende dann ausgewachsen und nur an ihrem grauen Federkleid noch als junge Schwäne zu erkennen. Neben der tierischen Vielfalt hat uns vor allem die abwechslungsreiche Landschaft und die sehenswerten Städte beeindruckt. Von kilometerweiten Sandstränden, inselreichen Küstenstrichen, Klippen, Kanalfahrten durch Schwedens Mitte und den großen Binnenseen bis zu mal steinigen, mal bewaldeten, mal hügeligen, mal kargen Küsten war einfach alles dabei. Und dann das Segeln an sich. Wir haben die Asgard immer besser kennengelernt, ihre Möglichkeiten und ihre Grenzen ausgelotet und einfach nur Spaß am Segeln gehabt.

Teilweise konnten wir die Schönheit zu zweit genießen und dann wieder zusammen mit unseren wechselnden Mitseglern. Der abwechslungsreiche Mix aus zu zweit allein und mit Besuch zu segeln hat uns gut gefallen und für uns gut funktioniert. Unsere Mitsegler haben sich aber auch immer sehr nach uns gerichtet und uns somit keinen tagelangen Wartepausen beschert.

Hätten wir 1-2 Wochen Charterurlaub würden wir nochmal  in die Turkuschären, Ålands, Stockholmer Schären oder Westschären fliegen und dort segeln gehen. Es gibt da so viele verschiedene Möglichkeiten, so viele Anlaufstellen und die Natur ist einfach wunderschön. Für einen kurzen Zeitraum wirklich perfekt. Eigentlich haben uns aber gerade die Gegenden gut gefallen, wo es nicht so viele Anlaufstellen gab. Nordfinnland, Nordschweden, Estland, das Baltikum.

Ein tolles Ergebnis dieser Reise sind die unterwegs geschlossenen Bekanntschaften, die bleiben. Menschen mit den unterschiedlichsten Lebensweisen und Gründen für eine Auszeit. Manche werden wir nächsten Sommer auf der Ostsee wiedersehen, mit anderen, die zum Beispiel ins Mittelmeer abdrehen, bleiben wir so in Kontakt.

Inzwischen sind wir zurück. In unserer Wohnung. Genießen die Musikanlage, den Geschirrspüler, die kurzen Wege zu den Geschäften, die Ortskenntnis. Es gibt wieder ein richtiges Wochenende, das wir sehr zu schätzen wissen. Viele alltägliche Dinge sind einfacher, Wäsche waschen und einkaufen zum Beispiel. Und trotzdem. Würden wir die Zeit um 1 Jahr zurück drehen, wir würden uns wieder für die 5 Monate Sabbatical entscheiden. Und für die Ostsee. Sie ist ein tolles Revier, sehr unterschiedlich, abwechslungsreich. Wir konnten eine Rundreise machen, einen abgeschlossenen Kreis statt einer Hin- und Rückfahrt. Bis zum Ende haben wir so immer wieder Neuland erschlossen und neues entdeckt. Es blieb spannend und das war gut.

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Die letzten schönen Tage

Was für ein goldener September. Dazu auch noch mit dem schönsten Segelwind. Solch ein Abschluss ist ein grandioses Finale. Aufhören soll man, wenn es am schönsten ist. Haben wir ein Glück, dass unser geplanter Zieltermin mit dem aktuellen Wetter hervorragend zusammenpasst.

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Perfektes Segelwetter

Von Bagenkop segeln wir nach Fehmarn. Morgens vor dem Sonnenaufgang laufen wir aus um den Ostwind noch auszunutzen. Im Laufe des Tages soll er auf Südost drehen und wir würden unser Ziel nicht mehr anlegen können. Also nehmen wir alles an Höhe mit was geht.

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Wasser bis zum Horizont

Beim Auslaufen ist der Himmel noch wolkenverhangen und grau. Den Sonnenaufgang erahnen wir eher, als dass wir ihn wirklich sehen. Unterwegs klart es immer mehr auf, die Sonne kommt durch und wir sehen sogar strahlend blauen Himmel. An der deutsch-dänischen Grenze hissen wir die Flaggen aller Länder, die wir auf unser Reise besucht haben. Kurz vor Fehmarn knacken wir die 4500sm. Wir sind überrascht, dass wir doch so viele Meilen durchs Wasser am Ende zusammenbekommen haben.

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Flaggenpracht

Unser Tagesziel heißt Orth. Kurz vor der Hafeneinfahrt entscheiden wir uns spontan um und drehen nach Lemkenhafen ab. Wir laufen in unseren ersten deutschen Hafen seit Peenemünde Anfang Mai ein. So richtig fassen können wir das nicht. Wir haben perfektes Ankunftswetter, im Schutz der Sprayhood ist es schon fast zu warm. In Lemkenhafen gibt es erstmal ein richtig leckeres Fischbrötchen und wir stoßen mit den letzten beiden Dosen schwedischem Bier auf die erfolgreiche Umrundung der Ostsee an.

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Lemkenhafen: Abendstimmung

Am nächsten Tag geht es weiter nach Heiligenhafen. Wir lassen es ruhig angehen. Können uns nicht zum Packen aufraffen. Dabei kommen in wenigen Tagen Jannes Eltern um möglichst viel Gepäck schonmal mit von Bord zu nehmen. Stattdessen nutzen wir nochmal den Segelwind und kreuzen vor Fehmarn etwas auf und ab.

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Sonniges Wetter, sonnige Stimmung

 

Für das erste Wochenende in deutschen Gewässern hissen wir nochmal alle Gastlandflaggen. Heidrun und Manfred kommen an Bord und bringen uns unser Auto mit. Hennings Mutter hat in ihrem Studium schon einen mehrwöchigen Segelurlaub gemacht. Entsprechend gut kennt sie sich immer noch auf Segelyachten aus. Wir haben richtig schönes Segelwetter und genießen die Überfahrt nach Burgtiefe. Unterwegs sehen wir sogar noch einen Schweinswal. In Burgtiefe erwarten uns schon Jannes Eltern und nehmen die Leinen an.

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Fehmarnsundbrücke

Es gibt Kaffee und Apfelstrudel im Cockpit und wir merken richtig, dass die Reise jetzt wirklich vorbei ist. Wir räumen bereits einen Großteil unserer Sachen in das Auto von Jannes Eltern und können richtig sehen, wie Asgards Bug immer mehr aus dem Wasser kommt. Henning holt unser Auto in Heiligenhafen ab. Nach fünf Monaten fährt er das erste Mal wieder Auto. Ein sehr ungewohntes Gefühl, das Auto fährt ganz schön schnell.

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Super Segelwetter

Einmal gehen wir aber noch segeln. Eddy und Vara, Freunde aus Braunschweig, kommen zu Besuch. Nach dem gemeinsamen Frühstück legen wir ab und genießen ausgiebig ein letztes Mal in dieser Saison die Asgard unter Segeln. Danach helfen die beiden beim Segel abschlagen und zusammenräumen.

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Wasserlos

Dann heißt es einwintern. Alles zusammenpacken, den Motor konservieren, das Boot auf den Winterschlaf vorbereiten. Montagmorgen ist Krantermin. Ein bisschen aufgeregt sind wir schon. Ist schließlich das erste Mal für uns. Dann ist der Mast ab, die Asgard auf dem Trailer  und wir stehen an Land.

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Asgard wird verladen…

Wir können es noch gar nicht fassen, dass unser Zuhause der letzten fünf Monate plötzlich weg ist. Abgestellt.

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… und abtransportiert

Wir haben ein schlechtes Gewissen, unsere treue Seele einfach so zurück zu lassen. Gleichzeitig sind wir froh. Wir haben tatsächlich den schönsten Moment zum Aufhören gefunden. Für die nächste Woche ist schon wieder Starkwind angesagt. Und so konnten wir die letzten schönen Tage nochmal richtig genießen und uns in Ruhe von unserer Tour verabschieden.

Götakanal, Westschweden und Dänemark – der Rückblick

Die Zeit ist schon wieder vorbeigerast. Seit der Einfahrt in den Götakanal ist bereits ein Monat vergangen. Hinter uns liegen inzwischen der Kanal, die Westschären und Dänemark. Insgesamt sehr unterschiedliche Erfahrungen und sehr unterschiedliche Reviere. Gemeinsam war allen, dass wir um diese Jahreszeit im Durchschnitt überall deutlich mehr Wind hatten als in der Zeit davor. Trotzdem hatten wir immer noch erstaunlich viele Tage mit erstaunlich gutem Wetter.

Die Fahrt durch den Götakanal hatten wir vorher viel diskutiert. Die Alternative wäre die Küste Südostschwedens gewesen. Wir haben für uns persönlich die Entscheidung für den Götakanal und gegen Südostschweden nicht bereut, im Gegenteil, für uns war es richtig so. Vor dem Götakanal hatte sich bei uns der Alltag eingeschlichen, die Tage sind nur so vorbeigeflossen. Ab Mem waren es wieder sehr intensive Tage, wo jeder Tag sich wie eine ganze Woche Erlebnisse anfühlte.

Der Götakanal selbst war für uns sehr spannend. Wir sind zum ersten Mal geschleust. Die Kanalfahrt war somit für uns alles andere als langweilig. Der Götakanal ist nicht schnurgerade sondern eher kurvenreich angelegt. Die Binnenseen bieten zwischendurch immer wieder Abwechslung.

Gerade der Vänernsee hat uns sehr beeindruckt. Er wirkte wie Schweden in klein mit wunderschönen Ankerbuchten, malerischen Schären, niedlichen kleinen Häfen, ordentlich Wind und  Welle und leckerem Fisch.

Die Fahrt auf dem Trollhättekanal bis Göteborg bot uns dann wieder ein ganz neues Bild. Die Schleusen und Höhenunterschiede riesig, ein großer Kontrast zu den kleinen, vielen Schleusen des Götakanals. Industriell statt niedlich, effizient statt touristisches Trödeln, Transportschifffahrt statt Passagierverkehr, Klotzen statt Kleckern, Hochhaus statt Puppenstube und gerade wegen der Kontraste eine weitere schöne Erfahrung.

Die Kanalfahrt durch Zentralschweden war auch unser Ticket in die Westschären. Die Westküste Schwedens ist anders als der Rest von Schwedens Küste. Sie ist schroffer, rauher, hat weniger Vegetation. Ist deutlich salziger als die Küsten östlich von Schweden und verseucht von Feuerquallen. Die Kargheit fasziniert uns. Janne verliert sich in der Detailfotografie des minimalistischen Bewuchs. Die Westschären sind das Ziel, wo wir als erstes wieder hinwollen. Sie sind aus Deutschland noch gut erreichbar, das macht sie attraktiver für einen Sommerurlaub als zum Beispiel die Höga Kusten. Obwohl die Höga Kusten von der Schönheit her neben den Westschären definitiv bestehen kann. Wir haben nur einen kurzen Einblick bekommen, wenige Tage. Aber der kurze Eindruck hat definitiv Lust auf mehr gemacht.

Nach Wochen in verschiedensten engen Fahrwassern, vom Stockholmer Schärengarten über die Kanäle bis zu den Westschären, waren wir begeistert von Dänemark. Endlich wieder freies Segeln, richtig Strecke machen können, nicht nur vor und zurück im Fahrwasser. Wir können kreuz und quer Segeln, haben viele Optionen und können wählen je nachdem wie der Wind weht. Langweilig wird es trotzdem nicht. Es gibt immer wieder flache Stellen, nach wie vor heißt es aufpassen bei der Navigation. Die Häfen werden größer, selbst gegen Ende der Saison ist noch was los. Die Landschaft ist nochmal deutlich anders. Statt Steinen gibt es Sandstrände, statt Heckbojen Dalben und statt Schärenfahrwassern Belte und Sunde.

Zum Abschluss in die Südsee

Eins der liebsten Reviere, der deutschen Ostsee-Wochenendsegler: die dänische Südsee. Häufig überfüllt, in der Hochsaison gibt es ab mittags keinen Platz mehr im Hafen. Zumindest haben wir das so gehört. Super, denken wir uns. Perfekt um zum Abschluss in der Nachsaison unter der Woche mal in dem geschütztem Revier vorbeizuschauen und uns eine Meinung zu bilden. Schließlich werden wir nächstes Jahr dazu gehören, zu diesen Wochenendseglern auf der Ostsee.

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Leuchtturm

Wir haben noch ein paar Tage  Zeit, bis wir auf Fehmarn anlegen und die Asgard ins Winterlager bringen. Die dänische Südsee ist nicht groß. Genau genommen ist sie sogar ziemlich klein nach fast fünf Monaten auf der ganzen Ostsee. Für ein paar Tage oder ein Wochenende bietet sie aber gerade genug Platz. Unsere Ziele wählen wir eher hilflos. Ohne festen Plan und ohne gute Hafenhandbücher entscheiden wir auf Geratewohl welchen Hafen wir für den Tag anlaufen.

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Windhose

Als ersten Hafen nach Bågø laufen wir Dyreborg an. Der winzige, hübsche Hafen ist voller Boote, aber es ist nichts los. Wir ergattern den vorletzten Platz und tauschen bei den netten Leuten im Segelklub unseren 500 dänischen Kronen Schein in kleine Scheine und Münzen um. Anders kriegen wir das Hafengeld nicht bezahlt. Dyreborg hat ein paar süße Häuser mit hübschen Gärten. Nach einem kleinen Erkundungsspaziergang bauen wir unsere Kuchenbude zum letzten Mal auf. Der Wind steht voll ins Cockpit und die Kuchenbude bietet Schutz. Wir sind die einzigen Gäste, die restlichen Boote sind Dauerlieger.

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Skaro: Asgard gespiegelt

Von Dyreborg segeln wir bei schönem Wind nach Skårø. Die letzten Meilen müssen wir aufkreuzen, uns macht es Spaß. Der kleine Hafen ist bezüglich Hafenfülle der komplette Kontrast. Gähnende Leere – ganze zwei Boote liegen dort. Wir fühlen uns etwas verloren. Da das Wetter zur Abwechslung eher grau ist, verkriechen wir uns unter Deck.

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Steuern, Trimmen, Tüfteln

Weiter geht es nach Birkholm. Der Wind hat uns verlassen, dafür begleiten uns permanent Funksprüche des Marine Radios Todendorf. Das Schießgebiet Hohwachter Bucht ist aktiv. So viel Funkverkehr wie in Dänemark und Deutschland haben wir lange nicht gehört. In Schweden, Finnland und dem Baltikum herrschte überwiegend Ruhe auf Kanal 16. Wir dümpeln mit 1-2 kn Fahrt das Fahrwasser entlang. Die Strecke ist nicht weit und zum motoren haben wir keine Lust. Als wir Birkholmen fast erreicht haben, entscheiden wir spontan um. Die Insel sieht genauso verlassen und leer aus wie die bisherigen Inseln.

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Marstal querab

Irgendwie ist uns das zu ruhig.  Es riecht nach Abschied, Saisonende und Herbst. Das macht uns nur noch mehr bewusst, dass unsere Reise auch bald vorbei ist. Auf traurige Abschiedsstimmung haben wir keine Lust und entschließen kurzerhand bis Bagenkop weiter zu segeln. Wir knacken die 4444 Meile. Segeln das flache, enge Fahrwasser bis Marstal. Hinter Marstal setzen wir ein letztes Mal den Gennaker und rauschen nach Bagenkop.

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Ein letztes Mal Gennaker

In Bagenkop ist was los. Gitarrenklänge schallen durch den Hafen, es tümmeln sich lauter Boote und auf den Booten tümmeln sich Menschen. Im Vorhafen liegen mindestens 4 Traditionssegler und ein Marineschiff. Wir sehen zum letzten Mal die Sonne im Meer untergehen und werden mit einem gigantischen Farbenspiel verwöhnt. Neben uns liegt ein Schiff, das die Welt umsegelt hat. Da fühlen wir uns mit unserer Ostseeumsegelung plötzlich ganz klein.

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Bagenkop: Verzauberte Hafenstimmung

In der Einfahrt von Bagenkop kreuzen wir unsere Kiellinie. Bagenkop war unser erster Hafen Anfang Mai. Ganz schön lange her. Damit ist die Runde komplett. Die Sachen, die wir zum letzten Mal tun, mehren sich. Dazu finden wir plötzlich die Lösungen für Dinge, die uns in den 5 Monaten genervt haben. Endlich haben wir eine Möglichkeit unsere Fock vernünftig zu trimmen und unsere Rettungswesten einfach und schnell aufzuhängen. Kein flatterndes Achterliek, kein umständliches Gefummel mit dem Kleiderbügel mehr. Wir liegen gut in der Zeit und können somit tüfteln und ausprobieren.

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Bagenkop: Farbenrausch

Nicht nur uns zieht es nach Süden. Auch die Zugvögel sammeln sich am Himmel und fliegen über uns hinweg. Der dänischen Südsee fehlt das Leben. Einsame Orte haben wir viele auf unserer Reise gesehen, in puncto Schönheit übertreffen viele davon nach unserem Eindruck die dänische Südsee. Es ist nur eine Momentaufnahme zum Ende unserer Reise. Spätestens nächsten Sommer werden wir uns die Einsamkeit in die Südsee zurück wünschen, da sind wir uns sicher.

Spätsommer

Wir tingeln durch Dänemark. Anholt, Ebeltoft, Tunø, Middelfart, Bågø. Mit dabei: der Spätsommer. Scheint die Sonne ist es irre warm und scheinen tut sie meistens. Rasmus meint es gut mit uns. Und wir genießen es. Denn nicht nur die Sonne wärmt, sondern Windrichtung und -stärke stimmen auch. Dazu schmeckt uns das Segelrevier. Plötzlich müssen wir uns nicht mehr sklavisch an Fahrwasser halten, sondern können einfach kreuz und quer segeln wie wir lustig sind. Naja, ein paar Untiefen müssen wir dann doch beachten. Trotzdem – wir segeln und segeln. Ein langer Segeltag folgt auf den anderen. Die Meilen durchs Wasser klettern hoch und höher.

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Segeln bei sommerlichen Temperaturen

Auf Anholt haben wir es uns gut gehen lassen. Ein bisschen Spaziergang, ein bisschen erholen von der Nachtfahrt, ein bisschen schlemmen. Abends gehen wir nochmal shoppen beim Fischkutter. Dort gibt es Babyhummer – zumindest nennen wir das Geschöpf so. Das Rezept zur Zubereitung schickt uns die Barbie-Crew. Die hatten das Gericht bereits ein paar Wochen vor uns genossen und uns den Mund wässrig gemacht. Aus dem frühen Zu-Bett-gehen wird nichts. Henning kocht Hummer und Janne passt auf, dass er dabei nicht einschläft.

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Anholt: Babyhummer

Die Quittung gibts am nächsten Tag. Wir stehen vor Sonnenaufgang auf um den guten Wind zu nutzen. Jannes Schlafdefizit manifestiert sich in starken Kopfschmerzen. Bei bestem Segelwind und gutem Wetter rauscht die Asgard Richtung Süden, Henning am Steuer und Janne größtenteils in der Koje. Hinter uns wird Anholt immer kleiner, vor und neben uns das offene Meer. Zunächst Richtung Tunø, aber da es immer später wird, drehen wir irgendwann Richtung Ebeltoft ab. Wir haben den Strom gegenan unterschätzt, der aus 6kn Fahrt durchs Wasser schnell 4kn Fahrt über Grund macht. So kommen wir kurz vor Sonnenuntergang in Ebeltoft an und genießen ein Eis beim Stadtrundgang.

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Windpark

Janne ist am nächsten Tag wieder fit und wir segeln gemütlich Richtung Tunø. Wieder strahlt die Sonne vom Himmel, der Wind schläft zwischendurch kurzzeitig ein, um dann in perfekter Stärke und Richtung zurück zu kehren. Wir haben Strom gegenan und können die Überfahrt nach Tunø somit etwas länger genießen. Auf Tunø ist richtig was los. Es liegen zwar keine Boote im Päckchen und es gibt noch freie Plätze, aber leer ist der Hafen noch lange nicht. Den Anleger versemmeln wir gründlich, Henning holt zum zweiten Anlauf aus, während Janne am Steg zurück bleibt. Rückwärts Anlegen mit Asgard ist einfach nicht unsere Spezialität. Vorwärts klappt es gleich viel besser.

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Tuno: Die Häfen werden wieder voller

Von Tunø geht es weiter nach Middelfart. Die Strecke ist ganz schön weit, aber der Wind optimal. Die Wellen kommen größtenteils von hinten und schieben statt zu bremsen. Kurz vor Middelfart sehen wir dann auch noch Schweinswale. Wieder ein perfekter Segeltag. Wir gönnen uns diesmal die stadtnahe Marina. Und obwohl wir eigentlich am Vorräte vernichten sind, können wir einer guten Pizza in der Fußgängerzone nicht widerstehen. Wir haben endlich wieder richtig Zeit. Trödeln vor uns hin und genießen es. Außerdem bietet sich Middelfart zum Verproviantieren an. Wir sichten unsere Reste, planen die nächsten Mahlzeiten und kaufen gezielt ein. Möglichst wenig Nahrungsmittel wollen wir am Ende an Bord haben. Ob das klappt?

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Einfahrt nach Middelfart

Spät legen wir ab und segeln mal wieder bei bestem Wind Richtung Bågø. Warum die Segelboote um uns herum motoren, ist uns schleierhaft. Der Segeltag ist so schön, dass wir am liebsten an Bågø vorbei einfach weitergesegelt wären. Aber langsam geht uns die Strecke aus. Luftlinie sind es nur noch gut 70sm bis Fehmarn. Zwei normale Tagesetappen also. Aber wir haben noch eine Woche Zeit bevor wir am 24.09 in Burgtiefe auf Fehmarn eintrudeln. Und diese Zeit nehmen wir uns auch. Also bleiben wir auf Bågø und entspannen im warmen Sonnenschein.

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Bago: Abendstimmung

Dänemark gefällt uns. Die Landschaft ist mal wieder komplett anders. Westschweden war steinig und karg, Ostschweden recht waldig und Dänemark ist sandig. Solche schönen Sandstrände haben wir seit dem Baltikum nicht mehr gesehen. Dazu ist hier um diese Jahreszeit noch etwas los. In Westschweden waren die Bürgersteige hochgeklappt, hier ist gemütliche Nachsaison mit Betrieb. Und die Mentalität ist wieder anders. Hier wird grundsätzlich beim Anlegen geholfen, eine Seltenheit in Schweden und Finnland.

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Bago: Segelboot

Wir sind bereits mitten in unserer Ankunftsplanung. Logistische Details wollen abgesprochen werden. Unsere Gedanken drehen sich immer mehr um die Zeit danach. Nach der Reise. Wir genießen daher diesen wunderschönen Ausklang umso mehr. Der warme Spätsommer versüßt uns die letzten Tage zusätzlich. Danke Rasmus!

Abschied

Die schwedischen Westschären sind unser letztes großes Ziel bevor die Rückreise beginnt. Mit langen Schlägen kann man sie auch von Deutschland aus in einem mehrwöchigen Sommerurlaub erreichen. Trotzdem wollten wir sie unbedingt noch auf dieser Tour erleben. Als krönenden Abschluss, als Highlight zum Schluss quasi. Denn unser Abschied von Schweden ist auch gleichzeitig bereits der Abschied von unserer Tour wie sie bisher war. Nach Schweden geht es zurück. Ab Dänemark bestimmt unser Rückweg die Reiseplanung, weniger die reizvollsten Ziele.

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Schären

Die ersten Tage in den Schären haben wir zusammen mit Fredi und Hinnerk verbracht, in Stenungsund war dann Crewwechsel und Jan ist zugestiegen. Wir haben keine fixen Ziele, wollen nur am Montagnachmittag rechtzeitig in Långedrag sein, damit Jan seinen Rückflug bekommt. Also fast 3 Tage Segeln.

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Genusssegeln

Gleich der erste Tag mit Jan macht richtig Laune. Wir segeln von Stenungsund wieder raus und finden unsere Schäre für die Nacht unweit von der Schäre, an der wir wenige Tage zuvor schon lagen. Auch diesmal vertäuen wir uns mit Heckleinen. Erklimmen die Insel, grillen an einem geschützten Platz und beobachten den Sternenhimmel und das Meeresleuchten. Selbst die Feuerquallen bringen durch ihre Bewegungen das Meerwasser zum Leuchten.

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Asgard an Södra Smögholmarna

Am nächsten Morgen erleben wir die Überraschung. Das Wasser ist über Nacht ordentlich angestiegen und wir können nicht mehr trockenen Fußes unsere Lee-Heckleine einholen. Die Luv-Leine liegt auf Slip, bei der Lee-Leine hat die Länge nicht gereicht und wir haben sie nicht verlängert, weil wir nicht mit dem Wasseranstieg gerechnet haben. Jan erbarmt sich schließlich und holt die Leine ein.

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Tosende See

Wir wechseln noch das Vorsegel von Genua auf Fock und legen ab. Es pustet bereits mit bis zu 25 kn. Unterwegs haben wir dann sogar Böen über 30kn. Die Welle aus dem Kattegat wird fast überall von den Schären abgehalten. Dort wo sie durchkommt, sind wir immer wieder froh, wenn wir wieder zurück im Schutz der Felsen sind. Es rollen ganz schön große Brecher heran. Keine spaßigen Aussichten für unsere Überfahrt nach Dänemark.

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Guter Wind, gute Stimmung

Durch den morgendlichen Regen und den Vorsegeltausch sind wir spät losgekommen. Auf der Suche nach einem geschützten Ort für die Nacht fällt die Wahl auf die einzige geschützte Bucht in der Nähe. Funktioniert sie nicht, müssen wir in einen Hafen. Groß Zeit zum Suchen bleibt uns nicht.

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Högö: Steinsofa

Wir haben Glück. Sie funktioniert. In der Bucht finden wir eine Schäre, die in Windrichtung liegt und genug Schutz vor dem immer noch starken Wind bietet. Diesmal liegen wir von Heckanker, die Bucht ist riesig. Der perfekte Platz für die Nacht und für eine Spezialität, die wir uns seit Norrsundet aufgespart haben: Surströmming. Eine schwedische Besonderheit. Mythos, Legendenumwoben. Jeder Schwede kennt einen Schweden, der von einem Schweden gehört hat, der schonmal Surströmming gegessen hat. So zumindest kommt es uns vor. Und wir wollen Schweden nicht verlassen, ohne nicht zumindest einmal probiert zu haben.

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Högö: Geschmacksprobe

Surströmming ist für Laien einfach nur vergammelter Fisch und für bekennende Liebhaber eine Delikatesse. Für uns wird es zunächst ein Geruchserlebnis der anderen Art. Die Dose stinkt bestialisch. Plötzlich sind wir dankbar für den starken Wind. Im Lee der Dose mag keiner von uns sitzen. Wir haben uns auf Empfehlung eines Surströmming-begeisterten Schwedens Tunnbröd und Zwiebeln besorgt. Jeder von uns isst todesmutig ein Tunnbröd mit Surströmming und Zwiebeln. Es fehlen eigentlich nur die empfohlenen gekochten Kartoffelscheiben. Wir sind uns zu dritt einig, dass die das Erlebnis auch nicht verbessert hätten. Der erste Bissen ist schrecklich und es wird nicht besser. Selbst das empfohlene Abspülen hilft da nicht. Wir werfen lieber den Grill an und essen gewohnte Delikatessen. Bei Wein, einem unglaublichem Sternenhimmel und einigen Sternschnuppen lassen wir den Abend ausklingen.

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Einsamkeit

Wir machen uns auf den Weg nach Långedrag. Entspanntes Segeln bei weniger Wind als am Vortag. Trotzdem kommen wir pünktlich an. Jan verlässt uns, und wir legen direkt wieder ab. Der Wind passt, sowohl von der Stärke als auch der Richtung her. Die alte Welle vom Vortag ist weg. Wir entscheiden kurzerhand weiterzufahren und segeln die Nacht durch.

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Sonnenaufgang nach Nachtfahrt

Wir sehen unterwegs Sternschnuppen, Asgard hat eine breite Spur Meeresleuchten im Kielwasser und wir können Anholt gerade so anlegen. Es geht erst mit 4, dann 5 und schließlich 6 kn dem Ziel entgegen. Gegen morgen binden wir das zweite Reff ins Groß und übernehmen wieder die Steuerung vom Autopiloten. Inzwischen ist doch gut Welle da und damit kommt er nicht zurecht. Am Vormittag laufen wir bei schönstem Wetter auf Anholt ein. Hallo Dänemark, da sind wir. Der letzte Reiseabschnitt – unsere Rückreise – hat begonnen.

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Einsam

Bis ganz nach oben, nach Strömstad, haben wir es nicht mehr geschafft. Wir wollten nichts übers Knie brechen und vermeiden, dass wir es entweder nur unter sehr viel Stress oder gar nicht mehr rechtzeitig nach Hause schaffen. Die letzten Tage waren auch so sehr abwechslungsreich und wir wurden verwöhnt. Feuerwerk, Meeresleuchten, Sternschnuppen, Feuerquallen, Surströmming, Robben, Wind von vorne, von hinten, sonnige und diesige Tage, abwechslungsreiche Landschaft, tolle Schärenplätze – ein vielfältiges Programm hatten die Westschären für uns vorbereitet. So hatten wir zum Abschied von Schweden ein lachendes und ein weinendes Auge. Und nehmen uns ganz fest vor: Wir kommen wieder – nächsten Sommer!

Feuerwerk und Meeresleuchten

Nach den abwechslungsreichen Tagen auf dem Vänernsee und dem Götakanal hoffen wir noch auf ein paar richtige schöne Tage zu viert in den schwedischen Westschären. Fredi und Hinnerk kennen die Gegend bereits und freuen sich auf ein Wiedersehen. Wir kennen die Gegend ebenfalls, aber bisher nur aus dem Autofenster und sind schon sehr gespannt, sie aus Bootsperspektive zu erleben.

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Schleusentreppe von Trollhättan von oben

Erstmal müssen wir das Revier überhaupt erreichen. An Vänersborg sind wir vorbei- und in den Trollhättekanal hineingerauscht. Wir nehmen noch die ersten Brücken und die Schleuse Nr.1 mit und machen abends im kleinen Hafen vor der Schleusentreppe von Trollhättan fest. Dort stellen wir fest, dass wir nur um Stunden das hundertjährige Schleusenfest verpasst haben. Tagsüber muss einiges geboten worden sein, abends ist tote Hose. Wir finden nicht einmal mehr einen geöffneten Kiosk für ein Eis auf die Hand.

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Trollhättan: Teamwork

Am nächsten Morgen geht es die Schleusentreppe hinab. Die Schleusenkammern sind wesentlich größer als im Götakanal. Generell gewinnen wir den Eindruck, dass der Trollhättekanal eher industriell als touristisch ist. Der Götakanal ist niedlich und idyllisch, der Trollhättekanal ist effizient, dabei aber keineswegs hässlich. Uns gefällt auch dieser Abschnitt der Kanalfahrt, der über weite Strecken eher eine Flussfahrt auf der Göta Älv ist. Wir schaffen es in einem Tag bis nach Göteborg und bleiben die Nacht im Hafen Lilla Bommen. Zum Abendessen im Cockpit schallt Livemusik von der anderen Uferseite herüber und pünktlich zum Abwasch gibt es ein riesiges Feuerwerk. Die Tage zuvor ist in Göteborg das Tall Ships Race gewesen und wir haben es pünktlich zur Abschlussfeier geschafft.

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Göteborg: Feuerwerk von der Tall Ship Regatta

Dann geht es endlich hinaus in die Westschären. Im Vergleich zu den Stockholmer Schären sind sie wesentlich karger und rauher. Wir lassen uns von den südlichen Winden die Küste hochpusten und genießen den Schutz der inneren Fahrwasser vor den hohen Wellen des Kattegats. Die erste Nacht liegen wir in einer niedlichen kleinen Bucht an einer Schäre. Der Heckanker hält nicht richtig, aber die Bucht ist so klein, dass wir eine Heckleine legen können. Am Abend sehen wir dann sogar Meeresleuchten.

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Lyr: Asgard wird an der Schäre vertaut

Über Nacht hat der Wind gedreht. Leider gibt es momentan in den Westschären unzählige Feuerquallen. Somit sind Handschuhe für die Leinen angesagt, insbesondere in der Ankerleine haben sich die Tentakeln der Feuerquallen so richtig verfangen. Bei diesigem Wetter segeln wir weiter nach Gullholmen. Ein niedliches kleines Dörfchen, inzwischen ist auch dort die Saison vorbei und der Ort recht ausgestorben. Wir kommen früh an und genießen den restlichen Tag bei aufklarendem Wetter.

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Gullholmen von oben

Von Gullholmen biegen wir Richtung Festland ab. Die Strecke um die Insel Orust gefällt uns. Es ist bewaldeter als auf den Schären. Wir sehen viele Robben und Fischreiher. Segeln an der Hallberg-Rassy Werft vorbei. Angeln bei Flaute und lassen es ruhig angehen. Zwischendurch muss der Motor mithelfen, dann können wir wieder unter Segeln kreuzen. Für die Nacht finden wir eine geschützte kleine Ankerbucht. Neben Sternschnuppen sehen wir intensives Meeresleuchten.

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Äspetangen: Angeln im Sonnenuntergang

Dann steht der letzte gemeinsame Tag mit Fredi und Hinnerk vor der Tür. Wir segeln die wenigen verbleibenden Meilen bis Stenungsund und klaren das Boot auf. Es gibt noch ein improvisiertes kleines Mittagessen und dann flitzen die beiden auch schon zum Zug nach Göteborg. Wir haben uns mit Martin verabredet, Hennings schwedischer Kumpel aus seinem Auslandssemester. Martin wohnt nur wenige Minuten entfernt und wir genießen den Nachmittag mit ihm und seiner Familie. Am Abend kommt dann schon unser letzter Gast der Reise an Bord. Für ein verlängertes Wochenende begleitet uns Jan.

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Äspetangen: Abendstimmung

Schön wars zu viert. Die zusätzlichen Hände haben uns einige Male sehr geholfen bei unserem abwechslungsreichem Programm: Abwährtsschleusen im Götakanal, Segeln auf einem Binnensee, der sich manchmal wie ein Meer benimmt, Göta Älv und Trollhättekanal und zum Abschluss ein paar sehr nette Tage in den schwedischen Westschären. Dazu die unterschiedlichsten Windrichtungen und -stärken. Viel segeln, etwas motoren, Meeresleuchten, Sternschnuppen – kurzum wir hatten eine echt tolle Zeit zusammen. Nur das perfekte Lakritzeis, das haben wir nicht gefunden.

Meer als Alltag an Bord

Seit Töreboda haben wir wieder Gäste auf der Asgard. Fredi und Hinnerk, auch bekannt durch Meer als Alltag, begleiten uns ein paar Tage. Momentan heißen die Gewässer aber nicht Meer sondern See oder Kanal. Wir befinden uns immer noch im schwedischen Binnenland.

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Entspannt im Cockpit

Seit Töreboda geht es wieder abwärts. Die letzte Göta-Kanaletappe verläuft bis Sjötorp. Eine Schleuse folgt auf die nächste. Fast schon stressig. Wir kommen in den Genuss einer unerwarteten Kaffeepause als direkt vor uns der Strom an einer Brücke ausfällt. Kaum ist der Kaffee ausgetrunken, ist der Strom wieder da und es geht weiter. Wir freuen uns auf die Sauna und den Fischladen in Sjötorp. Dort angekommen stellen wir fest, dass die Saison schon sehr vorbei ist. Der Fischladen öffnet erst wieder 2017. Für die Sauna werden wir zu einem verschlossenen Büro geschickt. Dabei werden wir das Gefühl nicht los, dass den Einwohnern bekannt ist, dass das Büro bereits geschlossen ist. Merkwürdig.

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Lindökroken: Asgard in der Morgensonne

Am nächsten Tag ist ordentlich Wind von vorne da. Wir setzen Segel, verlassen zu viert den Götakanal und nehmen Kurs auf Läckö. Bei fieser, hoher Welle zeigt sich der Vänernsee von seiner unfreundlichen Seite. Wir verwerfen das Ziel Läckö und nehmen Kurs auf Mariestad. Auf dem Weg dorthin suchen wir als Alternative nach geschützten Naturbuchten und werden schließlich fündig.Nach einem Zickzackkurs mit diversen Zielkorrekturen erreichen wir eine sehr geschützte, idyllische Bucht. Wir werfen den Anker. Hinnerk hält die Angel raus und zieht bereits nach kurzer Zeit einen kleinen Hecht aus dem See. Der ist so klein, dass wir ihn direkt wieder in die Freiheit entlassen.

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Lindökroken: Gemütliche Runde am Lagerfeuer

Nach einer eher unruhigen Nacht ist immer noch viel Wind von vorne da. Die Bucht gefällt uns so gut, dass wir spontan entscheiden noch eine Nacht zu bleiben. Wir verholen uns an den Steg, erkunden die Insel, angeln erfolgreich und kochen über dem Lagerfeuer. Stockbrot in verschiedenen Variationen, selbstgefangenen Fisch, mediterranes Gemüse, Popcorn und Marshmallows. Dazu einen unglaublich klaren Sternenhimmel, wir können sogar die Milchstraße sehen.

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Lindökroken: Asgard alleine am Steg

Zwei Nächte in der idyllischen Bucht sind uns genug. Es geht weiter. In der Bucht ist nur wenig Wind, wir entscheiden uns trotzdem für das erste Reff im Groß und ziehen die Fock statt der Genua auf. Kaum haben wir den Schutz der Bucht verlassen, pfeift es ordentlich. Schnell ist das zweite Reff im Groß und die Fock wird direkt gerefft gesetzt. Wir kämpfen gegen die enorm hohen Wellen und sind beeindruckt, was so ein Binnensee da auftürmt. Statt für Kreuzen nach Läckö entscheiden wir uns für eine Bucht im Lurö Schärengarten, die wir fast direkt anliegen können. Der Weg dorthin ist anstrengend aber die Bucht gut geschützt. Von den hohen Wellen und dem vielen Wind draußen merken wir dort nichts mehr. Leider hat auch auf dieser Insel der Fischladen bereits geschlossen und öffnet erst wieder 2017.

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Lurö: Gardsmuseum

Wir versuchen als nächstes unser Glück in Spiken. Dort gibt es mehrere Fischläden. Und tatsächlich, am Samstag haben sogar noch 2 Läden geöffnet. Als Mittagssnack gibt es also geräucherten Fisch bei Sonnenschein im Cockpit. Gestärkt geht es zu Fuß noch nach Läckö zur Schlossbesichtigung.

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Hohe Wellen, graue Wolken, nasses Wetter

Inzwischen ist der Wind abgeflaut und soll drehen. Wir motoren und merken, dass der Vänern doch ein See ist. Die alte Restwelle baut sich wesentlich schneller als draußen auf der Ostsee ab. Heute wollen wir es bis nach Vänersborg, dem Eingang zum Trollhättekanal, schaffen. Wir hatten nicht geplant so viele Tage auf dem Vänernsee zu verbringen. Aber Pläne werden schnell zu Schall und Rauch, wenn das Wetter nicht mitspielt. Unglücklich sind wir nicht über die Verzögerung. Der Vänern hat uns wirklich gut gefallen. Wir könnten hier durchaus mehr Zeit verbringen, wie auch an so vielen Orten vorher.

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Läckö: Spiegelbild

Noch drei Wochen Segeln. Dann ist auch für uns die Saison vorbei, die Asgard kommt ins Winterlager und wir bereiten uns wieder auf den Alltag an Land vor. Heute in einem Monat ist unser erster Arbeitstag nach der Auszeit. Dann werden Monate wieder in Wochen unterteilt und Wochen in Bürotage und Wochenende. Wir wissen bereits, wenn wir morgens das Haus verlassen, wo wir abends sein werden. Statt Wetterkleidung ist Bürodress angesagt. Ist nicht mehr lange hin bis wir wieder zurück in diesem anderen Alltag sein werden. Umso mehr und intensiver genießen wir die letzten Wochen unser Auszeit und schmieden bereits Pläne für den normalen Sommerurlaub 2017.

Scheidungsgraben…

… wird der Göta Kanal von den Schweden genannt. Divorce Ditch. Wir sind mittendrin. Zusammen sind wir in den Kanal hereingefahren. Ob wir ihn auch gemeinsam an Bord unserer Asgard wieder verlassen werden?

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Sommerliche Stimmung auf dem Göta-Kanal

Bisher klappt es jedoch ganz gut. Wir fahren während der Bestellungssaison und somit im Konvoi mit festen morgendlichen Start- und abendlichen Zielhäfen. Das heißt wir müssen jeden Tag die festgelegte Strecke schaffen. Dafür haben wir aber auch kaum Wartezeiten an den Schleusen und Brücken.

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Mem: Warten auf die Schleusenöffnung

In Mem, am Eingang vom Götakanal, werden wir in unsere Gruppe eingeteilt. Immer vier Boote passen in eine Schleuse. Neun Boote warten vor dem ersten Schleusentor. Wären wir in Nord- oder Westdeutschland, könnte man eventuell traditionelle kulturelle Abneigungen geltend machen, denn der Holländer bleibt in Mem. Die Schweden führen als Grund die zu späte Anmeldung an. Also fahren wir ohne Holland in den Kanal.

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Passt gerade so

Erstmal warten wir aber 1 Stunde auf ein Passagierschiff aus der Gegenrichtung. In den engen Bereichen im Kanal gibt es keine Möglichkeit sich zu passieren und Berufsschifffahrt hat Vorfahrt. Erst als es endlich in Mem angekommen ist, können wir mit dem Schleusen beginnen.

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Unruhige Boote in der Schleusenkammer

Schon nach wenigen Schleusen beneiden uns die großen Motorboote um unsere Winschen. Die Motorboote fahren die Vorleine aus der Hand, wir Segelboote über die Winsch. Einen dicken Stahlkoloss mit der Hand festzuhalten ist anstrengend und schwierig. Wir liegen in den Schleusen neben Stahlkoloss Victoria auf den vorderen, deutlich unruhigeren Plätzen. Trotz vollem Körpereinsatz, lässt sich das Boot kaum bändigen, während Henning unsere Asgard mit der Winschkurbel lässig am Platz hält. Beim abendlichen Cockpitschnack fragt die Crew uns dann nach der genauen Funktionsweise unserer Winschen aus und schmiedet Pläne, wie sie diese in einer Nachtaktion unauffällig bei uns ab- und bei sich anbauen können.

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Das Wasser sprudelt in die Schleusenkammer

Mit jeder Schleuse werden wir ruhiger und die Aufregung weniger. Die Strecken reiner Kanalfahrt können wir dann schon fast entspannt genießen. Trotzdem ist das Schleusen in der Bestellungssaison anstrengend. Mal eben rechts ran fahren und Pause machen ist nicht möglich.

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Kolonne auf dem Göta-Kanal

Zu unserem Pech gehört in unsere Gruppe ein Segelboot, das bereits kurz nach dem Start Probleme mit dem Propeller bekommt und plötzlich statt 5 Knoten nur noch mit 3kn motoren kann. Zusammen mit der Verzögerung in Mem kommen wir mit fast 2 Stunden Verspätung gegenüber dem offiziellem Fahrplan an der letzten Brücke an und haben noch die Überquerung des Roxensees vor uns.

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Sonnenuntergang auf dem Roxen-See

Auf dem Roxensee weht es mit 18kn Wind von vorne und es gibt Böen bis zu 26kn mit entsprechender Welle. Die Sonne ist bereits untergegangen, als wir um halb neun den Zielhafen erreichen. Wir waren morgens um halb sieben aufgestanden um alles vorzubereiten und hatten unterwegs keine Mittagspause gehabt. Dazu kommt das anstrengende Schleusen und die Aufregung vom ersten Tag. Müde, kaputt und erschöpft fallen wir nach dem Abendessen ins Bett.

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Schleusentreppe von Berg: Blick zurück

Am nächsten Tag bekommen wir außerplanmäßig unsere Mittagspause. Der Stahlkoloss hat Probleme mit dem Laden der Batterie und benötigt eine halbe Stunde extra um die Ladungselektronik zu überbrücken. Wir sind froh über die Pause. Den Vormittag haben wir für die Schleusentreppe von Berg gebraucht. Eine Schleuse nach der anderen, das war anstrengend, erforderte eine hohe Konzentration und dazu fühlte sich besonders Henning wie im Zoo. Die Schleusentreppe ist eine sehr bekannte Touristenattraktion. Um die Schleusen stehen zahlreiche Menschen herum, filmen und fotografieren den Schleusenvorgang. Die deutschen Touristen sprechen uns wegen unserer Flagge an, es ergeben sich nette kurze Gespräche und Janne mutiert fast zur Touristenführerin.

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Berg: Touristenattraktion

Der Tag hat es generell in sich. Nachdem der erste Tag irre heiß war, haben wir am zweiten irre viel Wind. Das Manövrieren in den Schleusen wird dadurch sehr schwierig. Da wir die einzigen ohne Bugstrahlruder sind, dürfen wir jeweils als erstes in die Schleuse hinein und wieder rausfahren. Am dritten Tag weht es weiterhin ordentlich, immerhin kommt der Wind aus Osten. Nachdem wir die touristisch unbekannte, aber kaum kleinere Schleusentreppe von Borenshult passiert haben, surfen wir mit achterlichem Wind über den Vätternsee. Leider verschwindet die Sonne und es beginnt zu regnen.

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Durch eine alte enge Stelle

Bisher wurden wir jeden Morgen von täglich wechselnden Schleusenwärtern begrüßt, bevor es in die erste Schleuse des Tages ging. In Forsvik werden wir dagegen durch ein Ampelsignal zur Schleuseneinfahrt gerufen. In der Schleuse treffen wir unseren Schleusenwärter, der uns auf den höchsten Punkt der Kanalfahrt hochschleust. 91,8m über dem Meeresspiegel befinden wir uns. Ab jetzt geht es wieder runter. Inzwischen ist aus unserer ursprünglichen Gruppe aus Mem keiner mehr dabei und das Wetter ist in einen grauen Dauernieselregen umgeschlagen.

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Janne wartet auf der Schleusenmauer

Der Götakanal macht uns Spaß. Nur zu zweit ist es sehr anstrengend und teilweise stressig, aber immer noch machbar. Dazu haben wir kein Fenderbrett, das macht es nochmal schwieriger. Wir sind über jeden unserer 7 Fender froh, insbesondere über den dicken Kugelfender. Ein achter Fender wäre auch nicht verkehrt gewesen. Durch den vielen Wind am zweiten und dritten Tag hat Henning die Schleusen komplett an Bord gefahren und eigentlich nur matschige, dunkle, muffige Schleusenwände gesehen. Janne durfte den Weitblick genießen und hat dafür einige Laufwege neben und zwischen den Schleusen abgespult.

Die schwedische Ostküste liegt hinter uns

Von Haparanda bis Mem sind wir gesegelt. Fast eineinhalb Monate waren wir an der schwedische Ostküste unterwegs. Jetzt geht es durch das Landesinnere an die schwedische Westküste. Zeit für einen kurzen Rückblick.

Eineinhalb Monate von fünf Monaten sind eine lange Zeit. Wir haben fast so viel Zeit an der Ostküste Schwedens verbracht wie in Finnland insgesamt und mehr als in Polen und im Baltikum. Trotz einiger Wetterkapriolen haben wir es sehr genossen.

Von Haparanda aus ging es abgesehen von dem Abstecher nach Törehamn Richtung Süden. Hoch oben im Norden konnten wir nochmal richtig die Zeitlosigkeit der unendlichen Tage genießen. Während auf der finnischen Seite die Tage immer länger wurden, merkten wir beim Segeln Richtung Süden, wie schnell es wieder früher dunkel wurde. Trotzdem kam die Dunkelheit für uns recht plötzlich und machte und schmerzlich bewusst, wie besonders die endlosen Tage sind.

Parallel dazu rutschten wir in die Hochsaison hinein. Bereits in Finnland hatte es begonnen voller zu werden. An der Höga Kusten erwischte es uns dann richtig. Spätestens in den Stockholmer Schären merkten wir aber auch, dass die Hochsaison im Norden eher wie die Nachsaison im Schärengarten ist.

Wir hatten einige Empfehlungen für Schweden bekommen. Högä Kusten und Stockholmer Schärengarten waren beide mit dabei. Beide waren wunderschön. Aber auch abseits der Empfehlungen fanden wir schöne Orte. Und wir haben wieder mal festgestellt, das Schönheit im Auge des Betrachters liegt.

In unserer Zeit in Schweden hatten wir eher wechselhaftes Wetter. Die fast dauerhaft schönen Tage aus Mai und Juni mit beständigem Wind wurden abgelöst von sehr wechselhaften Wetter und Winden. Bereits in Nordschweden kurz hinter Haparanda begann die Wetterachterbahn und begleitet uns bis heute.

Insbesondere in Nordschweden haben wir viele offene, nette Schweden getroffen. In Spickarö schenkte uns ein Dorfbewohner Fisch und lud uns zum Dorffest ein, in Trysunda durften wir an einem Privatsteg festmachen an dem gerade ein 75ster Geburtstag gefeiert wurde und in Baggviken trafen wir zwei Motorbootcrews, die uns direkt mit ans Lagerfeuer einluden und den restlichen Abend mit uns verquatschten.

Die Ostküste Schwedens hat uns gefallen. Wir sind neugierig, welchen Eindruck wir gewonnen hätten, wenn wir im Mai oder Juni hier entlang gesegelt wären. Stabileres Wetter und vielleicht weniger Segler? Vielleicht wäre die Ostküste Schwedens dann gegen den Rest richtig hervorgestochen. Vielleicht aber auch nicht. Bisher kann sie definitiv mit den schönen Eindrücken aus Finnland und dem Baltikum mithalten.